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AnalyseEin letzter Anlauf

■ Im Fall Lockerbie signalisieren die USA die Bereitschaft zum Einlenken

Zehn Jahre nach dem Anschlag auf den PanAm-Flug 103 über dem schottischen Lockerbie, bei dem 270 Menschen ums Leben kamen, könnte es vielleicht doch noch zur Aufklärung des Falles kommen. Jahrelang hatte die libysche Regierung sich geweigert, der Forderung der USA und Großbritannien nachzukommen, die zwei Hauptverdächtigen an eines der beiden Länder auszuliefern. Das Argument aus Tripolis: ein fairer Prozeß sei dort nicht gewährleistet. Seitdem die USA und Großbritannien sich für ihre Forderung internationale Rückendeckung besorgt haben und der US-Sicherheitsrat vor sieben Jahren Sanktionen gegen das nordafrikanische Land verhängt hat, hat sich im Fall Lockerbie nichts mehr bewegt.

Das könnte sich nun ändern. Nachdem sich in den letzten Wochen die Anzeichen verdichtet hatten, daß die USA und Großbritannien nun doch einem Prozeß in einem neutralen Land zustimmen werden, ist es seit Anfang dieser Woche amtlich. Die Formel, die die US-Außenministerin Madeleine Albright am Montag ausgegeben hat, ist relativ einfach: Die zwei verdächtigten Libyer sollen im neutralen Holland vor Gericht gestellt werden, allerdings unter schottischem Recht und mit ausschließlich schottischen Richtern. Weitere Verhandlungen zu dieser Frage lehnte Albright ausdrücklich ab.

Es sieht so aus, als habe die US-Regierung beschlossen, ihr angeschlagenes Image in der arabischen Welt ein wenig aufzubessern. Der Konflikt mit dem Irak harrt nach wie vor einer Lösung. Der US-gesponserte arabisch-israelische Friedensprozeß hat sich totgelaufen, und die politischen Schäden der US-Politik in der arabischen Welt nach den letzten US- Angriffen lassen sich noch nicht abschätzen. Was liegt da näher, als sich eines kleineren Problems zu entledigen.

Nach Albrights Angebot an Libyen liegt der Ball nun im Korb des dortigen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi. Der scheint sich mit seiner Antwort zunächst Zeit zu lassen. Offiziell gibt es aus Libyen noch keine Verlautbarung zu den neusten Entwicklungen. Allerdings hatte Gaddafi bei einem Besuch des Chefs der Arabischen Liga, Esamt Abdel Meguid, in Tripolis noch Anfang August dem Prinzip von einem Prozeß in einem neutralen Land zugestimmt. Ein Vorschlag, der bereits seit langem von seiten der Arabischen Liga als Kompromiß angeboten wurde.

Als Streitpunkt könnte sich allerdings noch die Zusammensetzung des Gerichts im niederländischen Den Haag erweisen. Ein rein schottisches Gericht dürfte nicht ganz nach dem Geschmack der Libyer sein. Aus Kreisen um Gaddafi soll bereits die Forderung nach einem international besetzten Gericht unter schottischem Vorsitz in Umlauf gebraucht worden sein. Karim El-Gawhary

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