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AnalyseKontrolle ist alles

■ Oskar Lafontaine mischt sich in Zinspolitik der Bundesbank ein

Oskar Lafontaine ist zwar noch nicht Finanzminister, aber mit der Deutschen Bundesbank legt er sich bereits an. Bundesbankchef Hans Tietmeyer müsse die Leitzinsen senken, verkündete Lafontaine am Wochenende. Eine Zinssenkung in Europa sei „wirtschaftlich geboten“. Denn nur mit niedrigeren Zinsen könnten die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrisen in Asien, Rußland und Lateinamerika abgefedert werden. Der mutmaßliche Finanzminister der rot-grünen Regierung zeigte mit energischer Handbewegung in die USA. Deren Notenbankchef Alan Greenspan habe schließlich auch in der vergangenen Woche die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 5,25 Prozent gesenkt. Richtig. Und es ist sogar zu erwarten, daß Greenspan im Trippelschritt die Zinsen mittelfristig um insgesamt ein ganzes Prozent senken wird, damit die US-amerikanische Wirtschaft weiter wächst.

Lafontaine mischt sich mit seiner penetrant wieder und wieder hervorgebrachten Forderung nicht nur in die Souveränität der Bundesbank ein. Das haben seine Vorgänger im Finanzministerium auch alle getan, und hinter dem Panzerglas der Bundesbank dürfte eine gewisse Abstumpfung eingetreten sein. Der mögliche SPD-Finanzminister verschweigt allerdings, daß die Zinsen in Deutschland mit 3,3 Prozent schon niedrig sind und weit unter denen der USA liegen. Zudem fallen die nationalen Zinssätze in den elf Teilnehmerstaaten der Europäischen Währungsunion zum 1. Januar 1999 weg. Spätestens zu dem Zeitpunkt müssen sich die Euro-Länder aneinander angeglichen haben, denn noch liegt der niedrigste Satz bei 3,2, der höchste bei über 6 Prozent. Nach der jüngsten Sitzung der Europäischen Zentralbank gilt jedoch als sicher, daß die Länder sich nicht in der Mitte treffen, sondern die niedrigen Sätze annehmen.

Ein derartiger Schritt bedeutet für Hochzinsländer wie Irland oder Spanien bereits eine Gefahr, da billiges Geld die Inflation ankurbelt. Wenn nun die Bundesbank in den ihr verbleibenden knapp drei Monaten die Zinsen senken sollte – was Tietmeyer „nicht grundsätzlich ausschließt“ –, verschärft sich für einige Euro-Länder noch die Situation. Aber darum geht es Lafontaine wohl auch gar nicht. Ebenso wie sein kruder Vorschlag, die Weltleitwährungen Dollar, Yen und Euro in Wechselkursbandbreiten zu koppeln, folgt Lafontaines Zinsforderung der Lieblingsthese europäischer Hardcore-Sozialdemokraten: die Wirtschafts- und Finanzmärkte weltweit zu regulieren und zu kontrollieren. Da eine Weltregierung momentan noch nicht zu verwirklichen ist, konzentriert sich Lafontaine auf die europäische Regulierung. Und niedrige Zinsen waren schon immer das liebste Instrument der Sozialdemokraten, da mit ihnen die vielbeschworene Binnennachfrage gestärkt wird. Ulrike Fokken

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