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AnalyseMänner zum Wickeln!

■ Erziehungsurlaub soll flexibler werden. Kampf gegen Rollenmuster

Das Idealbild einer jungen Familie, in der sich beide Eltern die Arbeit gleichberechtigt teilen, sieht so aus: Der Vater ackert in Teilzeit, die Mutter auch. Zwischendrin betreuen beide abwechselnd zu Hause das Kleinkind. Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) will bessere Voraussetzungen schaffen, damit eine solche Arbeitsteilung erleichtert wird. Eltern sollen künftig gleichzeitig Erziehungsurlaub nehmen können und in dieser Zeit einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung erhalten. Vor allem Väter hat die Ministerin dabei im Blick, wie sie am Wochenende erklärte.

Nehmen beide Elternteile gleichzeitig Erziehungsurlaub, sollen beide Erziehungsgeld beanspruchen können, kündigte Bergmann an. Wollen die Eltern lieber nacheinander in den Erziehungsurlaub gehen, möchte die Familienministerin auch das erleichtern. Nach ihren Plänen müssen die drei Erziehungsjahre künftig nicht mehr an einem Stück genommen werden. Bergmann will vielmehr ermöglichen, daß nach der Geburt des Kindes erst mal nur zwei Jahre beansprucht werden können. Das dritte Jahr soll ein Elternteil dann irgendwann mal bis zum achten Geburtstag des Kindes nehmen können. Derzeit gingen nur zwei Prozent der Väter in Erziehungsurlaub, beklagte die Ministerin.

Ob ein flexiblerer Elternurlaub allerdings die alten Rollenmuster verändert, ist fraglich. Schon die Kohl-Regierung hatte den Erziehungsurlaub erweitert; dennoch ist der Anteil der Männer in Familienphasen kaum gestiegen. Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie im vergangenen Jahr ergab, daß Männer im Erziehungsurlaub wenig Verständnis in der Gesellschaft finden. Frauen wiederum verloren leicht den beruflichen Anschluß, wenn sie erst mal in den Erziehungsurlaub wechselten. Laut einer Studie des Nürnberger IAB-Instituts kehrten im Westen nach drei- bis fünfjähriger Familienphase nur noch die Hälfte der Frauen in einen Job zurück.

Die Zahl der „Teilzeitmänner“ ist gleichfalls kaum gestiegen. Ein „Anspruch“ auf Teilzeitarbeit, wie ihn die Ministerin Eltern zugestehen will, müßte immer noch auf betrieblicher Ebene ausgehandelt werden. Schon aus arbeits- und sozialrechtlichen Gründen ist nicht zu erwarten, daß Elternteile ihren „maßgeschneiderten“ Teilzeitjob beim Arbeitgeber einfordern können.

Das Verharren in alten Rollenmustern ist keinesfalls nur eine Sache der Männer: Im Westen stimmten laut Umfragen immerhin 72 Prozent der Frauen (Osten: 49 Prozent) dem Satz zu: „Ein Kleinkind wird sicherlich darunter leiden, wenn seine Mutter berufstätig ist“. Familienforscher aber bestätigen, daß berufstätige Mütter im Schnitt zufriedener sind als nichterwerbstätige Mütter. Barbara Dribbusch

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