Ampel-Pläne gegen Wohnungsnot: Mit 14 Punkten gegen die Baukrise
In Deutschland fehlen Hunderttausende Wohnungen. Die Ampelkoalition will, dass mehr gebaut wird. Aber was genau ist geplant?
Aktuell ist die Lage auf dem Bau auch mehr als vertrakt: Eigentlich sollten pro Jahr 400.000 neue Wohnungen entstehen, davon 100.000 Sozialwohnungen, so hat sich die Bundesregierung selbst vorgenommen. Doch aktuell ist man davon meilenweit entfernt. Die Bauzinsen sind hoch, die Material- und Energiepreise auch, die Bauaufträge sind im Sinkflug. Was aber bei all den Hiobsbotschaften oft unter den Tisch fällt: In Deutschland sind etwa 880.000 Wohnungen bereits genehmigt, aber noch nicht fertig gestellt.
„Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau in Deutschland sind nicht einfacher geworden“, konstatiert der Kanzler. Es brauche mehr von den „bezahlbaren Wohnungen“. Das bedeute, dass „wir die Aktivitäten im Wohnungsbau massiv ausweiten müssen“, sagte er bei der Vorstellung eines 14-Punkte-Plan gegen die Wohnungsnot. Ein Schlüsselmoment sei das „serielle Bauen“, so Scholz. Ein in einem Landkreis in der Grundstruktur genehmigtes Haus soll so auch anderswo ohne große Verfahren gebaut werden dürfen. Derzeit ist das durch 16 verschiedene Landesbauordnungen nicht einfach so möglich.
Neues Wohneigentumsprogramm geplant
Der Plan umfasst insgesamt ganz unterschiedliche Maßnahmen: bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Baufirmen, weniger bürokratische Hürden, mehr Fördergelder für Sanierungen und den Eigentumserwerb von Familien – aber auch die Abkehr von geplanten Ökostandards. Konkret will die Bundesregierung im Rahmen des Wachstumschancengesetzes, zeitlich begrenzt eine degressive Abschreibungsmöglichkeit für Wohngebäude einführen. Damit sollen Firmen ihre Kosten schneller refinanzieren können.
Gleichzeitig sollen bestehende Förderprogramme verändert werden. Denn das bestehende Förderprogramm „Wohneigentum für Familien“ (WEF), das sich an Familien mit kleinem Einkommen richtet, wird derzeit nicht gut angenommen. Bislang liegt die Einkommensgrenze bei 60.000 Euro im Jahr. Um mehr Familien zu erreichen, soll diese nun auf 90. 000 Euro angehoben werden.
Zudem planen SPD, Grüne und FDP für 2024 und 2025 ein neues Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“ für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden. Details sind aber noch nicht bekannt. Angekündigt wurde zudem ein neues Förderprogramm, um leere Gewerbeimmobilien in Wohnraum umzubauen. Das Bundesinstitut für Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) sieht hier ein Potential von bis zu 235.000 neuen Wohneinheiten.
Bauen müsse „endlich Chefsache werden“
Teil des 14-Punkte-Plans ist auch die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit ab kommendem Jahr, „um dauerhafte Sozialbindungen im Neubau wie im Bestand zu schaffen“. So steht es im Papier. Geplant sind Investitionszuschüsse und Steuervorteile. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) kündigte daneben noch eine Sonderregelung im Baugesetzbuch an, damit Städte und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten bis Ende 2026 schneller und einfacher bezahlbaren Wohnraum planen können. Ein Entwurf soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden, so die Ministerin.
Das Echo auf die Pläne der Koalition fiel allerdings sehr durchwachsen aus. „Die Ampel hat die Tragweite der Situation wohl erkannt“, verlautete der Zentralverband des Baugewerbes. Der Immobilienverband ZIA lobte den neuen Realismus: „Die Gespräche der letzten Wochen haben sich gelohnt.“
Weniger erfreut zeigten sich Gewerkschaften und Umweltverbände. „Der „Baugipfel“ ist eine einzige Enttäuschung für Mieterinnen und Mieter“, kritisierte die Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay. Die neuen Abschreibungsmöglichkeiten seien „eine teure und ungezielte Gießkannenförderung, mit der am Ende Reiche ihre Luxusvillen und Lofts von der Steuer absetzen können.“ Das habe mit „sozialer Wohnungspolitik“ nichts zu tun. Auch aus der Union kam Kritik: „Nur an ein paar Stellschrauben zu drehen, reicht nicht aus“, sagte Jan-Marco Luczak (CDU). Bauen müsse „endlich Chefsache werden“.
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