Amnesty ehrt indischen Menschenrechtler: Er ist ein Großer
Der indische Menschenrechtler Henri Tiphagne wird von Amnesty International in Berlin geehrt. In seiner Heimat kämpft er gegen das repressive Regime.
![Henri Tiphagne Henri Tiphagne](https://taz.de/picture/1153094/14/Henri_Tiphagne_240416.jpeg)
Das schützt ihn vielleicht vor weiteren Schikanen. Unter der Regierung des Hindunationalisten Narendra Modi hat sich der Spielraum für die Zivilgesellschaft laut Tiphagne weiter verringert. Regierungskritische Organisationen werden zunehmend schikaniert. „Die Hindunationalisten haben die Tendenz, alle Macht in den Händen des Premierministers zentralisieren zu wollen,“ klagt Tiphagne gegenüber der taz.
„Der Druck auf die Zivilgesellschaft wird durch Gesetzesverschärfungen erhöht, die den Empfang von Geldern aus dem Ausland noch stärker reglementieren“, sagt der 59-Jährige. Dies begann schon unter der Congress-Partei. Schon lange dürfen NGOs keine eigenen Zeitungen veröffentlichen. Inzwischen betreffe das Publikationsverbot auch das Internet. „Jetzt können sogar meine Tweets, Facebook-Einträge und Blogs verboten werden.“
Tiphagne hat leidvolle Erfahrungen: „Im Juli 2012 wurde unsere Lizenz von der Regierung zum ersten Mal für 180 Tage suspendiert“, berichtet er. Als Vorwand diente ein angeblicher Verstoß gegen die strengen Finanzregeln: „Fünf Tage wurde unser Büro durchsucht, doch wurden keine Unregelmäßigkeiten festgestellt.“ NGOs brauchen in Indien eine Lizenz, die sie alle fünf Jahre erneuern müssen. „Das ist ein Weg der Kontrolle“, sagt Tiphagne.
Beschlagnahmte Konten
Das Höchstmaß einer Suspendierung beträgt 180 Tage. „Wir wurden sogar dreimal kurz hintereinander für jeweils 180 Tage suspendiert.“ Begründet wurde die Suspendierung mit der angeblichen Beteiligung an Protesten gegen ein Atomkraftwerk in Tamil Nadu. Doch glaubt Tiphagne, dass die Regierung sich dafür rächen wollte, dass er die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechtsverteidiger begleitet und so zu einen kritischeren Bericht beigetragen hatte.
People’s Watch war mit 170 Mitarbeitern in 24 Bundesstaaten aktiv. Die Organisation registriert Polizeiübergriffe und extralegale Hinrichtungen, dokumentiert Folterungen, verteidigt Aktivisten und führt an Schulen Bildungsprogramme zu Menschenrechten durch. Für die damalige Congress-Regierung war er ein Nestbeschmutzer.
Nach der zeitweiligen Schließung von People’s Watch hat die Organisation ihre frühere Größe noch nicht wieder erreicht. Erst durch eine Klage vor Gericht konnte sie beschlagnahmte Konten wieder freibekommen. Der Druck auf kritische Meinungen wächst laut Tiphagne in Indien, „seit wir auch ein großer Markt sind“. Der Druck steige parallel zum Wirtschaftswachstum, das sich dem Bergbau verdanke.
„Indigene beklagen die Auswirkungen des Bergbaus, der ihren Spielraum einengt“, sagt Tiphagne. Leider würden Parteien und Parlament sich nicht so wie früher für die Zivilgesellschaft einsetzten. Auch die Justiz habe dabei nachgelassen. „All das erhöht den Druck auf die Zivilgesellschaft, ihre Spielräume selbst zu verteidigen, was den Druck auf sie weiter verstärkt.“
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