Amerikanischer Sumpfkrebs in Berlin: Invasoren einfach aufessen

Ausgesetzte nichtheimische Wildtiere bedrohen das ökologische Gleichgewicht. Eine Art soll jetzt die Berliner Gastronomie bereichern.

Eine Hand hält einen roten Krebs

Leckeres Fundstück im Tiergarten: ein Roter Amerikanischer Sumpfkrebs Foto: dpa

Ein bis zu 15 Zentimeter großer Krebs auf Weltreise bereitet Umwelt- und Naturschutz einiges Kopfzerbrechen. Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs nämlich ist ungebetener Gast in mitteleuropäischen Gewässern: eine sogenannte invasive Art, mit einem Fressverhalten und Krankheitserregern im Gepäck, die das gastgebende ökologische Gleichgewicht empfindlich stören können.

In Berlin wurde er zum ersten Mal als größeres Problem im Jahr 2016 identifiziert. Im Jahr darauf war er schon offiziell zur Plage geworden, dessen Dimension selbst einen erfahrenen Wildtierexperten wie Derk Ehlert von der Senatsverwaltung für Umwelt überraschte: „Wir waren von den Mengen schlicht überrumpelt.“ Und um ihrer HerrIn zu werden, sollen in diesem Jahr nun drastische Maßnahmen ergriffen werden.

Tausende der wirbellosen Eindringlinge fühlten sich im Tiergarten ganz heimisch und flanierten gemütlich über Wege zwischen den stehenden Gewässern. Aale, die natürlichen Fressfeinde der Krebse, sollten die Ausbreitung stoppen helfen, ohne nennenswerten Erfolg jedoch. Inzwischen wurden Krebse in größerer Zahl auch im Britzer Garten entdeckt.

Das Tier einfach dazulassen ist keine Option. Schließlich ist der Sumpfkrebs unter anderem Träger der Krebspest, einer Infektionskrankheit, die für andere ursprünglich in märkischen Gewässern beheimatete Krebsarten häufig tödlich ist.

Die Mutter aller Fressfeinde

Nun gilt der Sumpfkrebs in seinem nord- und mittelamerikanischen Verbreitungsgebiet als Delikatesse. So liegt es nahe, statt ihn in Biogasanlagen zu verwerten, den Krebs dem größten Fressfeind aller möglicher Organismen zum Verzehr anzubieten: dem Berliner. Ein Fischereibetrieb hat die Erlaubnis zu Fang, Verarbeitung und Verkauf der Tiere erhalten. Jedes einzelne davon wird auf Krankheiten untersucht und für die Senatsverwaltung gelistet, die will schließlich über den Fortgang der Bereinigung informiert werden.

Derk Ehlert rechnet mit zwar anfänglich guten Fangzahlen, die dann aber nachlassen sollten. Hoffentlich.

Die gastronomische Verwertung wird derweil einen Kreislauf schließen, der den Sumpfkrebs überhaupt erst in heimische Gewässer gespült hat, weiß Ehlert. „Da gibt es seit Jahren eine Vermarktung ohne jegliche Regulierung.“ Ein dauerhafter Schutz gegen künftige Neuaussetzung von Sumpfkrebsen ist aber leider nicht gegeben. Wie genau die Krebse auf Berliner Tellern landen, ist dem Fischereibetrieb überlassen. Es gelten die Tierschutzschlachtverordnung, die das Töten der Krebse in kochendem Wassern ausdrücklich erlaubt, und das Geschmacksurteil interessierter Gastronomen. Curry-Krebs mit Pommes und Krebsbulette stehen also zu befürchten, aber vielleicht orientiert sich ja auch jemand an der Tradition Louisianas, wo der „Crawfish“ in der Cajun-Küche ein kulinarisches Wundertier ist. Bon appétit!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.