American Football als Weltereignis: Comebacker mit Magie
Die Kansas City Chiefs gewinnen den Superbowl gegen die San Francisco 49ers. Und verschaffen der NFL mit Patrick Mahomes einen neuen Superstar.
Inhaltsverzeichnis
Als es dann geschafft war, wurde Patrick Mahomes gefragt, was er jetzt, da es geschafft war, denn vorhat. „I’m going to Disney World“, antwortete der Quarterback der Kansas City Chiefs, während das Konfetti um ihn herum auf den Rasen des Stadions in Miami rieselte. Ein kleiner Satz, der eher unterging im Tohuwabohu nach dem 31:20-Sieg der Chiefs gegen die San Francisco 49ers. Ein kleiner Satz, der eine jahrzehntelange Tradition fortsetzt, ein Running Gag, den der Superbowl-MVP, der zum besten Akteur des Endspiels gewählte Spieler, reißen muss. Ein Satz, der die symbiotische Beziehung zwischen der Entertainmentmaschine NFL und ihren Sponsoren bekräftigt.
Mit 24 Jahren, in seinem erst dritten Jahr in der NFL, hat Patrick Mahomes nun bereits einen Superbowl gewonnen, dazu einen Superbowl-MVP und bereits in der vergangenen Saison die Wahl zum besten Spieler der ganzen Liga. Davon, sagte er nach dem Spiel, „träumt man als kleines Kind“. Tatsächlich hat das so jung noch niemand geschafft in den 100 Jahren, die es die NFL nun gibt. Und pünktlich zum Jubiläum, das zum Abschluss der Saison noch einmal ausgiebig gefeiert wurde, hat der umsatzstärkste Unterhaltungssportbetrieb der Welt mit „Magic Mahomes“ sein neues, weltweit vermarktbares Gesicht gefunden.
Wer sich mit Football beschäftigt, weiß schon länger, dass Mahomes wohl der beste Footballspieler der Welt ist. Nun aber konnte er seine Qualitäten auf der größten Bühne des Sports zeigen. Er konnte demonstrieren, wie immens kraftvoll sein Wurfarm ist, als er, als die Chiefs wenige Minuten vor Schluss mit zehn Punkten zurücklagen und das Spiel verloren schien, einen spektakulären Pass über nahezu 50 Meter auf den pfeilschnellen Tyreek Hill warf und seine Mannschaft wieder ins Spiel brachte – ein Wurf, den die allermeisten Quarterbacks niemals versucht hätten.
Vor allem aber bewies Mahomes wieder einmal eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit, eine souveräne Überzeugung von den eigenen Qualitäten, die hilfreich ist, wenn man die nicht nur athletisch, sondern auch vor allem intellektuell anspruchsvollste Position im Football spielt. Qualitäten, die besonders dann gefragt sind, wenn das Team wieder einmal zurückliegt. Im dritten K.-o.-Spiel hintereinander haben Mahomes und die Chiefs nun einen Rückstand aufgeholt. In den ersten beiden Playoff-Spielen waren sie schon zu Spielbeginn in Rückstand geraten, einmal sogar mit 24 Punkten.
Kansas sah schon wie der Verlierer aus
Diesmal machten sie es sogar noch dramatischer: Eine frühe Führung gaben sie bis zur Halbzeit wieder her. Und als das Spiel nach der spektakulären und zugleich hektischen Halbzeitshow mit Shakira und Jennifer Lopez wieder angepfiffen wurde, ging gar nichts mehr. Die Verteidigung der 49ers, die beste ihrer Zunft, spielte Katz und Maus mit Mahomes, der viel zu oft den Ball verzweifelt in die Zuschauerränge werfen musste. Also saßen Mahomes und seine Kollegen von der für den Angriff zuständigen Abteilung öfter am Spielfeldrand, als ihnen lieb war, und mussten zusehen, wie ihre Abwehr von der Konkurrenz aus Kalifornien systematisch auseinandergenommen wurde.
Kansas-Quarterback Patrick Mahomes
Noch zu Beginn des letzten Viertels sah San Francisco wie der sichere Sieger aus: Die 49ers schienen die richtige Taktik gefunden zu haben, die Magie von „Magic Mahomes“ unter Verschluss zu halten. Der machte auch noch uncharakteristische Fehler und warf den Ball gleich zweimal zum Gegner. Doch dann kamen die letzten zehn Minuten, kamen Ruhe und Gelassenheit zurück, kamen plötzlich die Pässe an und die Magie zurück und drei Touchdowns in Folge. Es war ein erstaunliches Comeback.
Doch nach dem Spiel, während der Pokalverleihung, während das Konfetti fiel und während er sich der Presse stellte, wirkte Mahomes schon wieder unwirklich abgeklärt. Geduldig beantwortete er die Fragen hysterisch durcheinanderrufender Reporter, erklärte noch einmal, wie alle seine Teamkollegen auch, dass man sich vor allem freue, einen Superbowl gewonnen zu haben für den eigenen Trainer Andy Reid, der 21 Jahre als Chefcoach arbeiten musste, bevor er endlich den großen Sieg einfahren konnte.
Und schließlich musste Mahomes auch noch die Frage beantworten, ob er denn nun das Gesicht der NFL sei. Und wie es sich für einen guten Quarterback gehört, der auch immer ein guter Diplomat sein muss, lobte Mahomes die Konkurrenz und sagte: „Ich versuche einfach nur der beste Patrick Mahomes zu werden, der ich sein kann.“ Dieser Patrick Mahomes ist allerdings tatsächlich ziemlich gut. Aktuell der Allerbeste, und das höchstwahrscheinlich auch noch ein paar weitere Jahre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!