Amazon und andere Onlineplattformen: Umsatzsteuerbetrug soll enden
Bisher können auf Onlineplattformen Produkte ausländischer Anbieter steuerfrei bestellt werden. Das will das Finanzministerium verbieten.
Es ist für viele Menschen inzwischen die wichtigste Art einzukaufen: eine Bestellung auf der Amazon-Seite aufgeben und kurz darauf die Ware im Amazon-Karton entgegennehmen. Doch auch wenn der größte Onlinehändler der Welt den gesamte Verkaufs- und Versandprozess organisiert, ist er in vielen Fällen gar nicht selbst der Verkäufer.
Denn über den Amazon sogenannten Marketplace verkaufen auch viele unabhängige Händler ihre Waren. Über die erfährt man als Kunde aber bisher nicht viel. Die Suche nach einem neuen Handy führt etwa auf die Seite eines Anbieters mit einem kryptisch anmutenden Namen aus 54 Zeichen, der in der chinesischen Metropole Shenzhen sitzt.
Diese ausländischen Anbieter zahlen bisher in den allermeisten Fällen keine Umsatzsteuer, obwohl sie dazu verpflichtet sind – wie jeder Händler, der in Deutschland kommerziell Waren anbietet. Das bringt ihnen nicht nur einen Vorteil gegenüber der gesetzestreuen Konkurrenz, weil sie ihre Waren bei Verzicht auf die Abführung der 19-prozentigen Umsatzsteuer entweder billiger anbieten können oder beim gleichen Preis höhere Gewinne machen. Das Vorgehen bedeutet auch erhebliche Einnahmeausfälle für den Staat. Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt sie auf mindestens eine Milliarde Euro im Jahr.
Bisher weist Amazon jede Verantwortung für diesen Steuerbetrug von sich. „Bei Fragen zur Umsatzsteuer für Artikel, die Sie über einen Marketplace-Verkäufer erworben haben, kontaktieren Sie bitte direkt den Verkäufer“, heißt es auf der Webseite des Unternehmens. Auch gegenüber den Finanzbehörden beharrte Amazon bisher darauf, nichts mit den von ihm abgewickelten Geschäften der Drittanbieter zu tun zu haben.
Pflicht zur Zusammenarbeit mit Behörden
Doch das wird vom nächsten Jahr an voraussichtlich nicht mehr möglich sein. Das von Olaf Scholz (SPD) geführte Bundesfinanzministerium hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, den das Kabinett an diesem Mittwoch beschließen will. Damit sollen Anbieter von Online-Marktplätzen zur Kooperation mit den Steuerbehörden verpflichten werden. Sie müssen ihnen künftig Anschriften und Steuernummern aller Händler zur Verfügung stellen, die auf ihrer Seite Waren verkaufen.
Wenn diese die Umsatzsteuer nicht oder nicht vollständig abführen, müssen die Betreiber der Verkaufsplattformen die Zusammenarbeit mit ihnen beenden. Tun sie das innerhalb der gesetzten Frist nicht, müssen die Vermittler wie Amazon oder Ebay die hinterzogenen Steuern für künftige Geschäfte des betroffenen Händlers selbst zahlen. „Der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes haftet für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung eines Unternehmers, die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet worden ist“, heißt es im Entwurf, der der taz vorliegt.
Die Deutsche Steuergewerkschaft, die das Vorgehen der Amazon- und Ebay-Händler seit Jahren kritisiert hat, begrüßt den Plan des Finanzministeriums. „Es ist gut, dass diese Steuer-Ungerechtigkeit endlich beendet werden soll“, sagte der Vorsitzende Thomas Eigenthaler der taz. Grundsätzlich sei der Gesetzentwurf dazu auch geeignet.
Nur an einzelnen Stellen wünscht Eigenthaler klarere Formulierungen. So dürfen die Finanzbehörden nur gegen die Betreiber vorgehen, „wenn andere Maßnahmen keinen unmittelbaren Erfolg versprechen“, heißt es im Entwurf. „Eine solche Prognose auf Basis unbestimmter Rechtsbegriffe dürfte sich als sehr streitanfällig erweisen“, meint Eigenthaler. Zudem fürchtet er, dass die großen Internetkonzerne versuchen werden, den Entwurf, der nach der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden soll, noch zu verwässern – und verspricht darum: „Da werden wir höchst wachsam bleiben.“
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