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Alternative für extremes TreibhausgasSaubere Luft statt SF6

Auch Erneuerbare Energien nutzen das klimaschädlichste Treibhausgas der Welt. Die EU-Kommission könnte es verbieten – wenn sie Alternativen sähe.

Schwefelhexafluorid bleibt 3.200 Jahre in der Atmosphäre, bevor es zerfällt Foto: dpa

Freiburg taz | Was Schwefelhexafluorid ist, muss man erst einmal erklären. Dabei ist SF6 – so die chemische Formel – das stärkste bekannte Treibhausgas, 23.500-mal klimaschädlicher als CO2. Die Europäische Umweltagentur vergleicht die Wirkung des jährlichen Ausstoßes in der EU mit der von 1,3 Millionen Autos. Eingesetzt wird SF6 vor allem als Isolierstoff in elektrischen Schaltanlagen – auch in denen von Windrädern. Ein komplettes Verbot, wie es Umweltschützer fordern, ließ sich bislang aber nicht durchsetzen.

Nun testet das niederländische Unternehmen Tennet in seinem Umspannwerk Ovenstädt in Ostwestfalen als weltweit erster Übertragungsnetzbetreiber auf Höchstspannungsebene eine Technik, die ohne das Klimagas auskommt.

In Deutschland sind die Anlagen der Stromwirtschaft inzwischen der größte Nutzer dieses synthetischen Stoffs. Für früher beliebte Anwendungsgebiete wie als Füllung für Schallschutzfenster oder Autoreifen darf es inzwischen nicht mehr verwendet werden.

In der Hochspannungstechnik war es schwieriger, Alternativen zu finden. Jetzt sollen aber „SF6-freie Lösungen in Spannungsebenen bis 110 Kilovolt verfügbar“ sein, wie Tennet sagt. Bei höheren Spannungen befinde man sich noch in der Erprobungsphase – mit dem Pilotprojekt Ovenstädt. Dort wird SF6 als Isolierung durch so genannte saubere Luft ersetzt. Diese besteht aus den natürlichen Bestandteilen der Umgebungsluft und wird mit extremem Druck in die Apparaturen eingebracht.

In der Forschung tut sich was

Die Klimawirkung des fluorierten Gases ist lange bekannt. Bereits 2005 hatten sich der Produzent Solvay, sowie die Hersteller und Betreiber von elektrischen Anlagen verpflichtet, die Emissionen zu minimieren. Tatsächlich ist der Ausstoß in Deutschland seither um die Hälfte auf zuletzt rund 12 Tonnen pro Jahr zurückgegangen. Da allerdings der Abbau in der Atmosphäre extrem langsam verläuft – das Umweltbundesamt beziffert die Lebensdauer auf 3.200 Jahre – steigt die Konzentration in der Luft weiterhin an.

Seit dem vergangenen Jahr analysieren das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik die ökologischen und sozio-ökonomischen Auswirkungen des Einsatzes von SF6 in Stromnetzen und untersuchen Alternativen. Zur selben Zeit investierte Eon in das Berliner Startup Nuventura, das SF6-freie Schaltanlagen entwickelt.

Auch in Bestandsanlagen könnten Emissionen vermindert werden, wenn Lecks reduziert würden, rechnet Tennet vor. In der Firma habe man die Verluste von 2016 bis 2019 durch den Rückbau alter Anlagen, eine bessere Ausbildung des Servicepersonals und spezielle Werkzeuge von 0,09 Prozent auf 0,05 Prozent senken können.

Als nächstes ist nun die EU-Kommission gefragt. Sie muss gemäß Verordnung des Europäischen Parlaments (Nr. 517/2014) zum 1. Juli 2020 bewerten, ob es für Mittelspannungsanlagen „kostenwirksame, technisch realisierbare, energieeffiziente und zuverlässige Alternativen“ gibt, um ein Verbot aussprechen zu können.

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3 Kommentare

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  • Also, mir sind sichtbare Hochspannungsüberlandleitungen lieber als unterirdische SF6-Leitungen (GIL) , die auf Dauer eine unerträgliche Klimaänderung verursachen, schwer zu reparieren und störanfällig sind. Überhaupt sollten wir uns einmal zu dezentraleren Energieversorgungssystemen Gedanken machen. Im Winter wird der Strom nahezu kostenlos erzeugt, sozusagen als Abfallprodukt der Stromerzeugung. Im Sommer gibts eh viel Sonnenenergie, ohnehin völlig dezentral. Den Rest decken wir mit nachwachsenden Rohstoffen.



    Batteriespeicher stecken dann schon in ausreichender Menge in unseren Autos.



    Schaltanlagen? SF6 ist da meist noch verantwortbar.

  • Die SF6-Problematik wird bei uns im Elektrotechnik / Energietechnikstudium auch sehr fokussiert betrachtet.



    Die "Druckluft" oder Vakuum lassen sich zum Glück in Zukunft für die meisten Schaltanlaagen = 380kV taugen (Siemens, ABB usw.)

  • Auch hier wäre schon längst eine Regulierung angesagt, die feste Übergangszeiten und Alternativen vorschreibt. Der Hebel ist doch erheblich.