piwik no script img

Alternative StreamingangeboteSchluss mit Mainstream

Wer zu Hause Filme streamen will, landet meist bei Netflix oder Amazon Prime. Dabei gibt es gute Alternativen mit spannenden Programmen.

Hauptsache, die Bandbreite reicht, dann klappt es auch mit dem Streaming Foto: Awjad Creative/getty images

Berlin taz | Sie wollen zu Hause gute Filme gucken, aber nicht bei Netflix, Amazon und Co? Oder haben deren Angebot schon durchgeguckt? Dann schauen Sie sich doch mal auf diesen Streamingportalen um:

Sooner – Europäisches Festivalkino

Was ist das? Sooner ist eine Plattform für europäischen Film. Im Juli 2020 ist sie gestartet, als europäische Antwort auf Netflix.

Was gibt’s zu sehen? Über 2.000 Filme und einige Serien – hauptsächlich europäische Produktionen. Die Auswahl reicht von Publikumserfolgen der großen A-Festivals wie Cannes, Berlinale oder Sundance über Werkreihen einzelner Fil­me­ma­che­r:in­nen wie Essay-Filmer Harun Farocki bis zu Abschlussfilmen der deutschen Filmhochschulen. Darunter finden sich echte Perlen, wie der Filmgeschichtsklassiker „Fahrraddiebe“ (Vittorio de Sica, 1948) oder die vielschichtige Berlinale-Doku „Searching Eva“ (Pia Hellenthal, 2019). Anders als Netflix, das seinen Nut­ze­r:in­nen mit Hilfe von Algorithmen Filme vorschlägt, arbeitet Sooner mit eigens kuratierten Programmen. Eines beleuchtet beispielsweise das österreichische Kino – eine Zusammenarbeit mit der Tageszeitung Der Standard. Ein anderes Programm versammelt Märchenfilme des DDR-Filmstudios DEFA ab den 50er Jahren.

Was kostet es? Das Standard-Abo kostet 7,95 Eu­ro im Monat, Studierende zahlen 2,99 Euro. Allerdings bleiben bei dem Standard-Abo einige Filme hinter der Paywall verborgen. Um die zu sehen, benötigt man die Premiumversion für 14,95 Euro monatlich. Sooner gibt es unter www.sooner.de und als App.

Filmfriend – Das familienfreundliche Angebot

Was ist das? Filmfriend ist ein Angebot der öffentlichen Bibliotheken. Gestartet haben es die Berliner Büchereien, mittlerweile nehmen immer mehr Bibliotheken aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teil.

Was gibt’s zu sehen? Den privaten Anbietern steht Filmfriend in nichts nach. Die Website bietet Kino und Serien für Erwachsene und Kinder, mit einem ausgewogenen Programm. Es reicht von anspruchsvollem Autor*innenkino, wie dem Coming-of-Age-Film „Fish Tank“, bis zu leichteren Liebes- und Actionfilmen. Typisch für Filmfriend sind Indie-Filme, die einen Bildungsauftrag erfüllen und gleichzeitig unterhaltsam sind. Dazu gehören aktuellere Filme wie „Djam“ von Tony Gatlif, der von der politischen Lage in Griechenland und der Türkei anhand des traditionellen Musikstils Rembetiko erzählt. Aber auch ältere Produktionen wie eine Krimiserie in Schwarz-Weiß mit dem französischen Kommissar Maigret aus den 60er Jahren finden sich hier. In der Doku-Sparte werden gesellschaftskritische Themen behandelt, wie im Berlinale-Film „Generation Wealth“, der einen demaskierenden Blick in die Welt der Superreichen wirft. Ein Alleinstellungsmerkmal von Filmfriend ist die große Kinder- und Jugendfilmsektion, in der alte und neue Zeichentrick- und Spielfilme zu sehen sind.

Was kostet es? Wer einen Bibliotheksausweis besitzt, schaut kostenlos. Der Ausweis kostet etwa 10 Euro im Jahr. Filmfriend gibt es unter www.filmfriend.de und als App.

Shasha Movies – Kino aus Nahost und Nordafrika

Was ist das? Hinter Shasha Movies steckt das Habibi Collective, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Kino aus Nordafrika, dem östlichen Mittelmeerraum und der arabischen Halbinsel zu zeigen. Gegründet hat es die Irin Roísin Tapponi. Als junge Filmliebhaberin fiel ihr auf, wie wenig Filme aus der sogenannten MENA-Region in europäischen Kinos laufen. Tapponi gründete das Habibi Collective, das Filme aus der Region listet und archiviert. Shasha Movies, das neue Projekt des Kollektivs, ist seit letztem Monat online.

Was gibt’s zu sehen? Shasha Movies zeigt eine wechselnde Auswahl an Filmen aus Vorderasien und Nordafrika. Die Plattform ist weltweit zugänglich, die Filme laufen in Originalsprache mit englischen Untertiteln. Die Ma­che­r*in­nen wollen so einerseits Filme aus der MENA-Region in der westlichen Welt bekannter machen und andererseits den Fil­me­ma­che­r*in­nen die Möglichkeit geben, ihre Filme an der Zensur vorbei in ihren Heimatländern zu zeigen. Jeden Monat wechselt das Programm. Aktuell liegt der Fokus auf Jemen­. Zu sehen sind vorrangig Dokus, in denen die Krisen Jemens der letzten Jahre eine Rolle spielen. In manchen Filmen werden sie konkret thematisiert, in anderen sind sie bloß als zerbombte Kulisse im Hintergrund spürbar. Für „The Mulberry House“ (2013) kehrte die Filmemacherin Sara Ishaq nach Jemen zurück und wurde Zeugin der ausbrechenden Revolution.

Was kostet es? Umgerechnet knapp 12 Euro im Monat, abrufbar unter www.shashamovies.­com.

Mubi – Zeitgenössischer Arthouse-Film

Was ist das? Mubi ist der alte Hase unter den Art-House-Streamern. Die Plattform startete in Deutschland bereits 2012, zwei Jahre vor Netflix also. Ursprünglich war Mubi eine alternative Filmdatenbank und ein soziales Netzwerk, wo Lieb­ha­be­r:in­nen Filme bewerten und sich austauschen konnten. Das Streaming kam erst später dazu. Hinter Mubi steht Efe Çakarel, ein türkischer Filmliebhaber und Unternehmer, der nach seinem Studium an einer amerikanischen Elite-Uni zunächst als Investmentbanker arbeitete. Mittlerweile ist Mubi eine feste Größe in der Filmwelt und vertreibt und ko-finanziert selber Filme, die dann exklusiv auf der Plattform zu sehen sind.

Was gibt es zu sehen? Zu Beginn umfasste die Auswahl 30 Filme, die für jeweils 30 Tage online waren. So verschwand jeden Tag ein Film und ein neuer kam hinzu. Im letzten Jahr wurde das Angebot erweitert. Zusätzlich zu der 30-Tage-Rotation gibt es jetzt auch weitere Rubriken wie „Mubi 1000“, in der die Filme gezeigt werden, die von der Community am besten bewerteten werden. Zurzeit gibt es die sehr sehenswerte Retrospektive „Voilà Varda“, die das Werk der kürzlich verstorbenen feministischen Filmemacherin Agnès Varda zeigt. Mubi’s Filmauswahl ist international und intellektuell. Sie zeigt den Status quo des zeitgenössischen Kinos außerhalb der kommerziellen Blockbuster – ohne den anspruchsvollen Film aus Hollywood zu vernachlässigen.

Was kostet es? Die Mitgliedschaft kostet 9,99 Eu­ro pro Monat, für Studierende 5,99 Euro. Mubi gibt es unter www.mubi.com und als App.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Finde die Übersicht auch cool, insb. das Angebot der Bibliotheken.

    Aber irgendwie finde ich, sind die Angebote im Vergleich zum großen Angebot von Netflix teuer. Aber denke ich werde trotzdem mal etwas ausprobieren.

  • Mal ehrlich, bei Mubi & co. gibt es einen Haufen ziemlich zäher Art-House Filme. Für Normalsterbliche, die zumindest ein geringes Maß an Unterhaltung von einem Film erwarten und nichtständig nur "Milieu-Studien" oder "Oden an das Leben, die Liebe bla", gibt es leider nicht wirklich eine Alternative für Amazon. Dort gibt es einfach sehr viele Filmklassiker. Kanopy ist auch gut, aber nicht für alle verfügbar.

  • Danke für die Übersicht, mir war nicht klar, was es jenseits von Netflix & Co noch gibt.