Alternative Bibel beim Kirchentag: Ist Gott auch korrrekt?
Angeblich ist die Bibel für Jugendliche viel zu schwer. Kann eine „Volxausgabe“ abhelfen? Der Ex-Punk Martin Dreyer hat sie verfasst.
HAMBURG taz | Wer glaubt, der Evangelische Kirchentag in Hamburg sei ein Seniorennest mit christlichem Anspruch irrt und hat wahrscheinlich das Programmheft nicht gelesen. Neben Sakro-Popschlagern und Kirchenchören gibt es ein breitgefächertes Jugendangebot. Veranstaltungen von Jugendlichen für Jugendliche sind immer mehr gefragt. Viele sehen darin eine Chance den Nachwuchs für das Christentum zu gewinnen.
Einer davon ist Martin Dreyer, ein erleuchteter Ex-Punk und selbsternannter „Jesus Freak“. Im Gewusel des Kirchentages, zwischen christlicher Literatur, Kinderbüchern und jeder Menge Kruzifixe, sticht in Halle B6 des Messegeländes besonders der Bibelstand heraus. Den meisten Platz haben: Dreyers „Moderne Bibelübersetzungen“, herausgegeben vom Volxbibel-Verlag, der die Bibel „cool“ machen will.
Da gibt es ein „Neues Testament 3.0 Reloaded“ oder Dreyers Autobiografie „Kiez, Koks und Kirche“. Aber ob diese Schriften wirklich dazu beitragen können, Jugendliche auf das Christentum zu sensibilisieren? Die „Jesus Freaks“ gibt es wirklich. Sie sind eine Gemeindebewegung, die, naja, von einem katholischen Sektenbeauftragten als fundamentalistisch-christlich eingestuft wurde.
Ist es wirklich das Problem der Bibel, dass sie für junge Menschen nur schwer begreiflich ist? Sind ihre Worte zu zäh und altertümlich? Dreyer's Mitmachwerk, die „Volxbibel“, jedenfalls besagt: „Abraham war cool unterwegs“ und berichtet davon wie Jesus 5.000 Hungernde bei McDonald's eingeladen haben soll.
Ernsthafte Indentifikationsangebote?
Doch verstehen das Heranwachsende des 21. Jahrhundert besser als den Text der Bibel der üblichen Art? Stiftet dieses Dreyer-Deutsch ernsthaft Identifikationsangebote mit den Figuren der Bibel – zumal mit Jesus? Auch Jungfrau Abischag ist diesem Volxautor eine besondere Charakterisierung wert: Die sei nämlich so schön wie „Germany's Next Topmodel“.
Hier bleibt rätselhaft, aus welchen Gründen der Autor annimmt, der Vergleich mit einer populären TV-Show könne die Befassung mit Biblischem erleichtern. Alles in allem kann man Dreyer's Werk als kleine peinliche Ranwanzerei des piffigen evangelischen Jugendangebots anerkennen. „Gott, du bist einfach super krass!“ Ziemlich kränkend.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid