Alter Wein in neuen Schläuchen: Mehr Räder, weniger Autos
Hamburgs Grüne wollen mit neuem Mobilitätskonzept zur Bürgerschaftswahl antreten. Doch die Vorschläge sind die alten.
HAMBURG taz | Umweltzone, City-Maut, Tempo 30, Stadtbahn, Radwege: Mit einem neuen Verkehrskonzept, das weitgehend aus bekannten Vorschlägen besteht, wollen Hamburgs Grüne die Mobilität in der Stadt zu einem ihrer zentralen Politikthemen machen. Das beschloss der Landesvorstand der Grünen am Dienstagabend. Das Konzept soll auf einer Mitgliederversammlung am 2. November von der Basis diskutiert und verabschiedet werden.
Das Leitmotiv des 19 Seiten starken Papiers mit dem Titel „Hamburg in Bewegung“ sei der Anspruch, „dass die Menschen in Hamburg mit und im Verkehr gut leben können“, sagt die Parteivorsitzende Katharina Fegebank. Die Grünen verstünden Verkehrsplanung „als Stadtplanung, mit der man in Hamburg an vielen Ecken die Lebensqualität steigern kann“, ergänzt ihr Stellvertreter Manuel Sarrazin.
Dazu frischt das Programm eine Reihe altbekannter Vorschläge wieder auf. So halten die Grünen an der Stadtbahn fest, die unter dem schwarz-grünen Senat geplant, von der SPD-Alleinregierung aber begraben wurde. Eine sinnvolle Strecke könnte, so Till Steffen, Verkehrsexperte der Bürgerschaftsfraktion, von Niendorf in die Innenstadt und durch die Hafencity bis nach Wilhelmsburg führen. Die Stadtbahn sei leistungsfähiger als Busse und billiger als eine U-Bahn.
Das Verkehrskonzept ist Teil eines internen grünen Programmprozesses mit vier Themenfeldern für die Bürgerschaftswahl 2015.
Sozialpolitik: Das Feld wurde im vorigen Jahr neu entwickelt und verabschiedet.
Bürgerbeteiligung: Das Konzept wurde Anfang des Jahres entwickelt.
Mobilität: Das Cluster basiert auf dem Beteiligungsprogramm www.beweg-die-stadt.de, das die grüne Fraktion 2012 in der Bürgerschaft initiierte. Dabei konnten alle Interessierten auf einem interaktiven Stadtplan Verkehrsprobleme und Lösungsvorschläge eintragen.
Ökologie und Ökonomie: Das vierte Cluster soll im kommenden Jahr zur Debatte stehen.
Weil es gegen die ersten Trassenpläne 2010 heftigen Widerstand gegeben hatte, wollen die Grünen ein neuerliches Projekt in einem Referendum absegnen lassen. Das Risiko, dass die Mehrheit dagegen votiere, „müssen wir eingehen“, sagt Fegebank.
Das Busbeschleunigungsprogramm des SPD-Senats sehen die Grünen bald an seine Grenzen stoßen. Der HVV geht davon aus, dass die Beförderungszahlen – wie seit sechs Jahren schon – auch weiterhin um rund drei Prozent jährlich steigen werden. Angesichts vollerer Busse und Bahnen werde die Zufriedenheit der HamburgerInnen mit dem HVV schwinden, glaubt Till Steffen. Auch deshalb sei die Stadtbahn auf vielbefahrenen Strecken „eine sinnvolle Alternative“.
Weitere Maßnahmen betreffen die Zurückdrängung des Autos aus der Innenstadt. Dazu gehört die Einführung weiterer Tempo-30-Zonen in Wohngebieten und die flächendeckende Parkgebühr innerhalb des Ring 2. Bislang sei der Anreiz zu hoch, mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren. Außerdem wollen die Grünen Umweltzonen und City-Maut einführen, um den motorisierten Individualverkehr zu drosseln.
Mehr Geld soll dagegen in die Förderung des Radverkehrs fließen. Dazu müsse der Ausbau der Velorouten verstärkt werden. Zudem stellen die Grünen sich Radschnellwege vor, auf denen Radler ohne Störungen durch Fußgänger und Autos lange Strecken mit hohem Tempo bewältigen können. Dafür solle zunächst in jedem Bezirk eine Pilotstrecke eingerichtet werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid