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Also, immer heftig

■ „L.O.V.E.“: Liebesschlachten der Volcano Theatre Company auf Kampnagel

Also: Da sitzt du mit Deiner Freundin hübsch in der Halle 2 auf Kampnagel, und plötzlich wird sie von einem charmanten Dandy-Typen formvollendet abgeknutscht. Was tun? Keine Frage aus einer originellen KDV-Prüfung, sondern konkretes Problem des einen oder anderen Zuschauers in der Vorstellung von L.O.V.E. der britischen Volcano Theatre Company.

Dreierbeziehung ist das Thema, Shakespeares Liebessonette sind der Leitfaden in altem, würdevollen Englisch. Ein inhaltliches Verstehen erfordert ein Anglistikstudium, ist jedoch gar nicht so notwendig, schwingt doch die inhaltliche Substanz immer hörbar mit. „Two loves I have of comfort and despair“, schrieb der alte Bill über die widerstreitenden Geister in seiner Brust: „Ein blonder Jüngling steht mir engelgleich, ein dunkles Weib als böser Geist zur Seite“, was Volcano mit akrobatischen Balletteinlagen oder auch einige Minuten finsterster Deathmetal vom Band als terrorhaftes Echtzeitsymbol flankieren.

Und sagen soll uns das, daß Liebe und Leidenschaft eben schon immer in wildester Heftigkeit existierten. Schöne Sprache hin und her, auch Shakespeare ging es eben nur um das eine. So erweist sich der heftige Kontrast zwischen dem Gesprochenem und dem mit großer Offenheit Dargestellten als eben nur vordergründig. Bleibt noch, die Reaktionen der öffentlich geherzten Zuschauer zu beschreiben. Blankes Entsetzen, besser: stilles blankes Entsetzen. Selbst in der mündlichen KDV-Prüfung darf der Gewehrverweigerer zugeben, den potentiellen Vergewaltiger im dunklen Wald kühl umzulegen. Doch das hier, das ist Kultur - oder Liebe? Also. Stephan Pflug

noch heute und morgen, 21 Uhr, Halle 2, Kampnagel

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