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Als Wirtschaft und Umwelt fusionierten Es begann in Caputh

Die republikweit einzigartige „Öwi“-Redaktion der taz feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Anlass für einen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte dieses besonderen Ressorts.

Bild: dpa

von MICHAEL SONTHEIMER

Ein Vierteljahrhundert Wirtschaft und Umwelt in der taz. Das ist schon ein ordentliches Jubiläum. Schließlich sind die Entwicklungen bei Zeitungen gewöhnlich kurzlebig. Die taz-Chefredaktionen kommen und gehen, die Öwis bleiben bestehen.

Vor einem Vierteljahrhundert war ich Chefredakteur der taz, seit Anfang 1992, zusammen mit Elke Schmitter und Jürgen Gottschlich. Die erste Chefredaktion in der taz, die diesen Titel tragen durfte.

Von einer neuen Chefredaktion werden gemeinhin neue Ideen erwartet, also beschlossen Elke Schmitter, Jürgen Gottschlich und ich, uns einmal in Ruhe zusammenzusetzen und unsere Ideen zu sammeln; abseits von der tendenziell hektischen Zeitungsproduktion.

Am Schwielowsee

In Berlin erschien uns das offenbar schlecht möglich, wir fuhren nach Caputh vor den Toren Potsdams und quartierten uns dort in einem realsozialistischen Ferienobjekt ein. Immerhin an einem idyllischen See gelegen, dem Schwielowsee.

In Caputh schlug ich Elke und Jürgen vor, Ökologie und Ökonomie in der taz künftig zusammenzudenken und in einem Ressort zusammenzuführen. Sie fanden es eine gute Idee. Aber, wie war es dazu gekommen?

Als die taz ab Herbst 1978 ihre „Nullnummern“ produzierte und ab dem 17. April 1979 dann täglich erschien, war ich mit Ute Scheub zusammen Redakteur des Ökologieressorts, welches die erste tägliche Umweltseite der Republik produzierte.

Die Auflage

Es war die Zeit der großen Kämpfe gegen die Atom-Wiederaufarbeitungsanlage in Gorleben. Ökologie war (neben Internationalismus, Feminismus und alternativem Leben) eine der vier inhaltlichen Säule der taz.

Dank der hervorragenden Berichterstattung von Harald Schumann und anderen über die Atom-Katastrophe in Tschernobyl im Jahr 1986 machte die taz-Auflage das erste und einzige mal einen deutlichen Sprung nach oben, auf über 60.000 Exemplare täglich. Wir könnten froh sein, wenn die taz heute noch so viele Zeitungen verkaufen würde.

Vor dem Hintergrund, dass die Wiederherstellung der ökologischen Gleichgewichte eine der Grundideen der taz war, traf ich mich mit Benny Härlin, einem Freund, ehmaligen taz-Kollegen, zwischenzeitlich grüner Europaabgeordneter und Campaigner bei Greenpeace.

Eine Fusion

Die Frage war, wie sieht zeitgemäßer Ökojournalismus aus? Die ökologische Transformation muss auch die reale Wirtschaft umwälzen, waren wir uns einig. Wirtschaftliche Entscheidungen haben ökologische Konsequenzen und umgekehrt. Ökologische Politik lässt sich nur gegen die Partikularinteressen kapitalistischer Unternehmen durchsetzen. Warum also nicht in der taz zusammenbringen, was zusammengehört? 

Die Fusion von Wirtschaft und Umwelt, Ökonomie und Ökologie, fand Eingang in ein Papier, das leider verschollen ist, das „Caputher Papier“. Elke, Jürgen und ich machten darin eine ganze Reihe von Reformvorschlägen.

Bei vielen taz-Redakteuren gab es damals noch den gesunden Reflex, erst einmal bei Vorschlägen der Chefredaktion dagegenzuhalten. Nicht so bei dem Vorschlag das Ökologie und Wirtschaftsressort zusammenzulegen. Das fanden die meisten gut.

Der Unterschied

Es gab eine kurze Debatte, ob die Seiten des neuen Ressorts Ökologie und Ökonomie überschrieben sein sollten oder Wirtschaft und Umwelt; wir entschieden uns für letzteres gegen die Theorie und für die Lebenswelt. Am 29. September 1992 erschien die Doppelseite „Wirtschaft und Umwelt“ erstmals.

Wirtschaft und Umwelt hat sich bewährt. Die Öwis, damals intern noch „Öko-Pool“, entwickelten sich zu soliden Pfeilern der Redaktion, sie produzieren Seiten, die die taz bis heute von anderen Tageszeitungen des Mainstream unterscheiden.

Und das soll so bleiben. Lasst uns unsere Gläser, Flaschen oder was auch immer erheben. Hoch die Öwis! Auf weitere 25 Jahre Wirtschaft und Umwelt!