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Alleingang im Berliner SenatLicht und Schatten für Kiziltepe

Die schwarz-rote Landesregierung beschließt mehr Schutz sexueller Identität, aber keine neue Ansprechperson bei antimuslimischem Rassismus.

Vor dem CSD 2024 zeigten sich die Organisatoren vom Senat enttäuscht. Nun soll die versprochene Bundesratsinitiative kommen Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | Es hätte eigentlich ein guter Termin für Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) werden sollen, die in der schwarz-roten Regierung auch für Antidiskrimierung und Vielfalt zuständig ist. Denn kurz bevor sie am Dienstag im Roten Rathaus vor Journalisten sitzt, hat der Senat auf ihre Vorlage hin beschlossen, im Bundesrat eine Grundgesetzänderung zu beantragen und sexuelle Identität unter Schutz zu stellen.

Doch in der Pressekonferenz kommt auch heraus: Kiziltepe ist in der Senatssitzung mit einem Vorstoß gescheitert, eine Ansprechperson zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus durchzusetzen.

Die nun beschlossene Bundesratsinitiative hatte Regierungschef Kai Wegner (CDU) schon 2023 in seiner Eröffnungsrede beim Christopher Street Day (CSD) versprochen. CDU und SPD hatten das auch in ihrem kurz zuvor beschlossenen Koalitionsvertrag festgeschrieben. Weil daraus aber bis zum nächsten CSD nichts wurde und Kai Wegner sich durch die Organisatoren unter Druck gesetzt sah, fiel eine erneute Eröffnung durch den Regierungschef im vorigen Jahr aus. Wegner nahm aber trotzdem teil und will das auch in diesem Jahr tun.

Wenige Wochen vor dem diesjährigen CSD am 26. Juli löst Wegner sein Versprechen nun ein. Im Grundgesetz steht in Artikel 3 bislang: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Unterstützung durch andere Länder ist noch offen

Dort „sexuelle Identität“ einzufügen, will der Senat laut Kiziltepe in der Bundesratssitzung am 11. Juli beantragen. Auf die Frage, welche der anderen 15 Bundesländer schon Zustimmung angekündigt hätten, konnte die Senatorin kein einziges Land nennen.

Unabhängig von der Bundesratsinitiative hatte Kiziltepe noch vor Beginn der Senats­sitzung per Pressemitteilung eine Ansprechperson zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus vorgestellt und auch bereits namentlich benannt – und zwar nicht allein namens ihrer Senatsverwaltung, sondern namens des Landes Berlin.

Solch ein Posten ist jedoch nicht im Koalitionsvertrag vereinbart und war auch kein Thema in der vorbereitenden Staatssekretärsrunde am Montag, so die Senatssprecherin Christine Richter. Kiziltepe soll das auch nicht in der Vorbesprechung der SPD-Senatoren am Dienstag angekündigt haben. Laut Sitzungsteilnehmern zeigten die SPD-Senatorinnen Franziska Giffey und Iris Spranger erkennbar ihren Unmut über ihr Vorgehen.

„Es gibt diese Ansprechperson nicht“, so Richter. Kiziltepe sprach davon, dass es noch „Klärungsbedarf“ gebe. Sie ließ zwar ihre Pressemitteilung zurückziehen, hält aber an ihrem Ziel fest: „Ich bin überzeugt, dass wir eine Ansprechperson brauchen.“

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