piwik no script img

Algeriens ReligionspolitikKampagne gegen Christen

Algerien setzt Gesetze um, die nicht-islamische Religionen ausgrenzen. Ein katholischer Priester wurde festgekommen, weil er eine Messe nicht formal beantragt hatte.

Der Islam ist in Algerien Staatsreligion, so steht es in der Verfassung. Bild: ap

MADRID taz Wer seine Religion ausübt, lebt in Algerien gefährlich. Zumindest wenn er kein Muslim ist. Das namhafteste Opfer einer Kampagne gegen die Christen im Land ist der katholischer Priester Pierre Wallez. Er wurde vor zwei Wochen zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Das Vergehen des französischen Geistlichen: Er hatte für illegale Einwanderer aus Schwarzafrika die Messe gelesen. Damit verstieß er gegen ein Gesetz von 2006. Dieses schreibt vor, dass nichtmuslimische religiöse Veranstaltungen bei den Sicherheitsbehörden beantragt werden müssen. Zahlreiche Kirchengemeinden wurden von den Behörden aufgelöst.

"Es ist schwierig, sich vorzustellen, wo eine solche Messe für illegale Einwanderer genehmigt werden soll", beschwert sich der Bischof im ostalgerischen Oran, Alphonse Georger. In den Wäldern zwischen der am Mittelmeer gelegenen zweitgrößten Stadt Algeriens und der marokkanischen Grenze halten sich viele Schwarzafrikaner auf. Sie versuchen die Grenze nach Marokko zu überwinden, um nach Spanien und damit nach Europa weiterzureisen. Pfarrer Wallez hatte die Immigranten immer wieder mit einem Arzt besucht. So auch am 9. Januar, als er von zwei Gendarmen kontrolliert wurde. Der Pfarrer hatte die gesamte Ausstattung zum Lesen einer Messe dabei. Das wurde ihm zum Verhängnis.

Der Arzt wurde ebenfalls verhaftet. Er habe im Krankenhaus, in dem er arbeitete, Medikamente entwendet, um damit die Afrikaner zu versorgen. "All diese Arzneimittel wurden von der Kirche bezahlt", beschwert sich der Bischof. Der Vorwurf des Diebstahls sei nicht haltbar.

Wallez ist kein Einzelfall. Auch Algeriens protestantische Kirche beschwert sich über "eine Verfolgungskampagne". Immer wieder werden Mitglieder verhaftet, die in Algerien missionieren. Vor allem in den Bergen der Kabylei haben sie damit Erfolg. An mehreren Orten entstanden kleine Gemeinden. Für das algerische Religionsministerium ist dies klare "Oppositionsarbeit gegen die Staatsmacht". Der Islam ist in Algerien laut Verfassung Staatsreligion. Mehreren protestantische Gemeinden wurden Bescheide zugestellt, die jede weitere Aktivität verbieten. Ihnen wird vorgeworfen, Messen in nicht dafür bestimmte Räumen abzuhalten. "Jeder weiß, dass fast alle Kirchen aus der französischen Kolonialzeit in Moscheen umgewandelt wurden. Es ist uns verboten, eine Kirche zu kaufen oder zu bauen", beschwert sich die protestantische Kirche in einem Kommuniqué.

Das Gesetz von 2006 soll verhindern, dass die Bürger den Glauben wechseln. "Wer einen Muslim anstiftet, zwingt oder verführt, zu einer anderen Religion überzutreten", muss mit Haftstrafen zwischen zwei und fünf Jahren sowie mit Geldstrafen zwischen 5.000 und 10.000 Euro rechnen. Das gleiche gilt für diejenigen, die Dokumente "herstellen, verteilen oder lagern, die zum Ziel haben, den muslimischen Glauben auszuhöhlen". Außerdem wird jede religiöse Praxis, mit Ausnahme der muslimischen, "außerhalb der dafür vorgesehenen Gebäude" verboten. REINER WANDLER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • S
    si-ham@web.de

    Vornehmlich sind Reaktionen von Entwicklungsländern meist unangemessen, jedoch sind die religiösen Aktivitäten in Nordafrika (nicht nur in Algerien, od. in d. Kabylei) ein Werk der extremistischen Missionare nach amerikanischem Vorbild, womit übrigens man in Europa seine Bedenken hat. Sie sind auch,zum Unmut orientalischer Christen, in Jordanien aktiv... Sie wollen halt die URchristen rechristianisieren...da sieht man übrigens Parallelen zum Islamismus als integrestische Ideologie.

  • T
    Tommy

    also bei aller Liebe, man sieht doch schon beim Hinsehen, daß einer schwarz ist, wenn er schwarz ist, oder? Ebenso erkennt man, daß wenn einer schwarz ist, daß er aus Afrika kommt. "Schwarzafrika" ist nichts als eine bloße Beschreibung einer Tatsache.

    Hier die Gedankenscheere anzusetzen wäre das gleiche, als wenn man Ihnen Frau Kathrin Schröder verbieten sollte den Namen Kathrin Schröder zu verwenden, weil er so Deutsch klingt und doch ganz Europa unter den Deutschen gelitten hat.

    Man stelle sich vor, ein ehemaliger KZ-Gefangener wurde durch die Gestapo-Dame Luise Schröder (habe ich in Wikipedia gefunden) denunziert und eingeliefert worden. Wenn der "Katrin Schröder" liest, könnte er an seine Schreckenszeit erinnert werden.

    Also Frau Schröder, wenn Sie solche Forderungen ernsthaft aufstellen, dann fangen Sie bitte bei sich selbst an und benennen Sie sich doch bitte vorher z.B. in "Hjclf Rhxj" um, das ist sicherlich unverfänglicher.

     

    Ich wünsche mir von Ihnen eine Klärung und Stellungnahme, besonders aber die Verwendung eines anderen Namens.

     

    Herzlichst

     

    Tommy

  • KS
    Kathrin Schroeder

    Seit einigen Wochen fällt mir auf, dass in der taz häufiger die Begriffe "Schwarzafrika" oder "Schwarzafrikaner" verwendet werden. Ich habe mich gefragt, ob diese Begriffe nicht vielleicht doch rassistisch zu verstehen seien. Im Rahmen meines Geographiestudiums habe ich z.B. den Begriff "Subsaharaafrika" gelernt, der zumindest die meisten Staaten abdecken würde, aus denen die Menschen in dem kommentierten Artikel kommen. Auch bei wikipedia bin ich fündig geworden (Begriff "Schwarzafrika"), in dem explizit auf den Zusammenhang mit der Kolonialzeit und dem damaligen Rassismus hingewiesen wird.

     

    Ich wünsche mir in der taz eine Klärung und Stellungname, besonders aber die Verwendung anderer Begriffe.

     

    Danke und Grüße

    Kathrin Schroeder