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Algeriens Militärs schwer belastet

Deserteure behaupten, Algeriens militärischer Geheimdienst stecke hinter den zahlreichen Massakern an Ausländern und Zivilisten. Das Ziel der Anschläge sei gewesen, in Europa Angst vor den Islamisten zu schüren  ■ Von Reiner Wandler

Madrid (taz) – Die britische Wochenzeitung The Observer will den Beweis für eine Behauptung haben, die sich im Hinblick auf die bewaffneten algerischen Islamisten schon lange hartnäckig hält: „Die GIA ist vom Geheimdienst infiltriert und manipuliert“, erklärte in der jüngsten Ausgabe ein Algerier namens Yussuf. Der Mann soll nach 14 Jahren Tätigkeit als Agent des algerischen militärischen Geheimdienstes in London um Asyl gebeten haben. Sowohl die den radikalen Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) zugeschriebenen Überfälle in Algerien als auch die Bombenanschläge in Frankreich seien vom Geheimdienst geplant worden.

Laut Yussuf sei das Ziel gewesen, in Algerien „den allgemeinen Angstzustand aufrechtzuerhalten“ und in Europa „die öffentliche Meinung gegen die Islamisten aufzubringen“. 75 Prozent der Opfer seien in Hochburgen der 1992 nach ihrem Wahlsieg verbotenen Islamischen Heilsfront zu beklagen.

Hinter der Unterwanderung der GIA stecken laut Yussuf die Generäle Mohammed Mediane und Smain Lamari. Sie sollen Morde an Ausländern veranlaßt haben, wenn sich deren Regierungen nicht so verhielten, wie es Algeriens Machthaber wollten. So sei der Mord an sieben Italienern 1994 laut Yussuf „ein Akt der staatlichen Polizei“, um einmal mehr „die algerischen Islamisten zu belasten“, denn „Clinton traf sich am Tag darauf mit den G 7 in Italien.“ Die einzigen GIA-Anschläge in Frankreich seien laut Yussuf direkt von Geheimdienstchef der algerischen Botschaft in Paris, Souames Mahmoud, vorbereitet worden.

Das algerische Militär soll sogar europäische Parlamentarier bestochen haben. „Ich selbst habe einem französischen Abgeordneten mit guten Beziehungen zu den französischen Geheimdiensten einen Koffer mit 500.000 Francs übergeben“, sagte Yussuf dem Observer.

Ein Algerier namens Hakim erhob gestern in der französischen Zeitung Le Monde ähnliche Vorwürfe. Er sei „Sprecher einer Gruppe von Offizieren“, die beschlossen hätten, „das Schweigen zu brechen“. Hakim schreibt die Anschläge auf Bahnhöfe des Pariser Nahverkehrs dem algerischen Geheimdienst DRS zu und behauptet, daß der ehemalige GIA- Chef Djamel Zitouni „1991 in einem Gefangenenlager in Südalgerien rekrutiert wurde“. Er sei dann zum GIA-Chef aufgebaut worden. Im Auftrag des Geheimdienstes habe er französische Mönche im Kloster von Tibehirine ermordet. „Danach hat er den Vertrag gebrochen“, so Hakim, und wurde von der Armee „liquidiert“.

Während die Vorwürfe immer stärker an der Glaubwürdigkeit des algerischen Regimes kratzen, reißen die Proteste im Land nicht ab. Das „Bündnis für die Annullierung der Kommunalwahlen vom 23. Oktober“, dem sechs Oppositionsparteien angehören, ruft für heute zu einem vierstündigen Generalstreik auf. Morgen soll dann trotz Verbot ein „Nationaler Protestmarsch auf Algier“ stattfinden.

Auch die Morde gehen offenbar weiter. Nach bisher unbestätigten Informationen der Zeitung El Khabar von gestern wurden am Samstag drei Gemeindevertreter ermordet, die erst am 23. Oktober gewählt worden waren. Die drei seien nahe der 100 Kilometer von Algier entfernten Stadt Bouria an einer vorgetäuschten Straßensperre getötet worden.

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