■ Mit Bruchlandungen auf du und du: Alarm im Cockpit
Berlin (taz) – Der Himmel über Europa wird immer enger. Seit zwei Jahren funken die Luftfahrtgesellschaften nun bereits regelmäßig ihre Notrufcodes aus. Mayday, Maday – volle Jets, aber leere Kassen. Mit Service und Pünktlichkeit ist in der Luft schon lange kein Blumentopf mehr zu gewinnen, seit der Kampf um die Marktanteile über Preisdumping läuft.
Doch was tun, fragen sich die Commander? Vier von ihnen, die Chefs der niederländischen Koninklijke Luchtvaart Maatschappij (KLM), der schwedischen Scandinavian System (SAS), der Austrian Airlines (AUA) und der fliegenden Armbrust Swissair scheinen eine Lösung gefunden zu haben: Die kooperationswilligen Airlines wollen gemeinsam eine schlagkräftige Gruppe bilden. Noch ist zwar eine Fusion keine beschlossene Sache, doch die Verhandlungen laufen auf Hochtouren. „Es muß schnell gehen“, glaubt KLM-Direktor Leo van Wijk, „wenn man sich zuviel Zeit läßt, verlieren sich die Gespräche in Detailfragen.“ Die Crews sind optimitsisch, die wie auch immer gearteten Liaison bis Ende des Jahres besiegeln zu können.
Nur ein solcher Schulterschluß kann die arg gebeutelten Airlines angesichts von Überkapazitäten und ruinösen Preiskämpfen aus der Gefahrenzone bringen. Und die Voraussetzungen für die neue Allianz sind gar nicht schlecht: mit rund 300 Fliegern steuern sie über 400 Flughäfen an und haben 1991 immerhin 32,5 Millionen Passagiere sowie knapp einer Million Tonnen Fracht transportiert. Darüber hinaus verfügt die AUA über ein gutes Streckennetz nach Osteuropa, die Swissair kann ihre Allianzen mit Singapore Airlines und Delta einbringen, und die KLM darf, dank des holländischen Open- Sky-Abkommens mit den USA, dort jede Rollbahn ansteuern.
Langsam muß man sich Sorgen um die deutsche Lufthansa machen, denn die übrigen Euro- Carrier zeigen der Kranich-Linie nach und nach die Heckflossen. So ist die größte und profitable Fluggesellschaft, die British Airways, für den Überlebenskampf auf den liberalisierten Märkten bestens gerüstet. Die französische Staatslinie Air France knüpft an einem weltweiten Netz und hat bereits Sabena (Belgien) und CSA (Ex- ČSFR) unter die Fittiche genommen. Lufthansa-Pilot Jürgen Weber bleibt nur das Jammern: Eingekesselt von Allianzen, fordert er von der Bundesregierung eine vorzeitige Kündigung des Luftverkehrsabkommens mit den USA. „Die Amerikaner haben in Deutschland einen offenen Himmel und können Überkapazitäten schaffen, während uns die Hände gebunden sind.“ Erwin Single
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen