Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Lob und Kritik für Test-Beschluss
Schnelltests werden für Ungeimpfte ab Herbst kostenpflichtig – nicht alle finden das gut. Das RKI meldet so viele neue Coronafälle wie schon lange nicht mehr.
Kritik und Lob für Gipfel-Beschlüsse
Die Coronabschlüsse von Bund und Ländern stoßen auf ein geteiltes Echo. Fest steht nun: Nicht-Geimpfte müssen sich im Kampf gegen eine neue große Coronawelle auf mehr Testpflichten im Alltag einstellen – und Schnelltests ab 11. Oktober in der Regel auch selbst bezahlen. Das beschlossen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten am Dienstag.
Das erklärte Ziel: Möglichst schnell möglichst viele Menschen zur Impfung zu bewegen. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erneut alle Bürger, die sich noch nicht gegen das Coronavirus haben impfen lassen, dazu aufgerufen, dies nachzuholen. „Wir müssen die Pandemie in Schach halten“, sagte er am Dienstagabend. Dies geschehe „nicht, indem jeder macht, was er will, wie manche empfehlen, sondern indem sich möglichst viele Menschen impfen lassen“.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder betonte erneut, dass wohl bald eine neue Debatte folgen wird – über Zugänge nur für Geimpfte und Genesene („2G“) im Gegensatz zur 3G-Regel, die Freiheiten für Geimpfte, Getestete und Genesene beschreibt. „2G wird so oder so ab einem bestimmten Zeitpunkt kommen und mir wäre es lieber, wir würden jetzt ehrlich drüber reden als es zu vertagen bis nach der Bundestagswahl“, so der CSU-Politiker.
Auch dem SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach gehen die Coronabeschlüsse der Bund-Länder-Konferenz nicht weit genug. „Ich hätte es besser gefunden, Großereignisse mit Hunderten Menschen in Clubs oder Hallen auf Genesene und Geimpfte zu begrenzen“, sagte Lauterbach den Zeitungen der „Funke“-Mediengruppe (Mittwoch). „Denn es sind potenzielle Superspreader-Events.“ Mit der Testpflicht in Innenräumen ab einer Inzidenz von 35 könne man aber „sehr gut arbeiten“. „Ich hätte die Grenze noch unter einer Inzidenz von 35 gesetzt“, sagte Lauterbach.
Gelten soll die 3G-Regel etwa für Kliniken, Pflegeheime, Innengastronomie, Veranstaltungen drinnen, beim Friseur, in Fitnessstudios, Sporthallen oder Schwimmbädern. Bei Beherbergungen soll ein Nachweis bei der Anreise und – für Nicht-Geimpfte und Nicht-Genesene – dann zwei Mal pro Woche ein Test erforderlich sein. Gratis sollen Schnelltests nur noch für jene zu haben sein, die sich nicht impfen lassen können oder für die es keine allgemeine Impfempfehlung gibt wie Schwangere und Unter-18-Jährige.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat die Maßnahmen begrüßt. „Es ist richtig, dass ab dem 11. Oktober die Bürgertests nur noch für die Personen kostenfrei sind, die nicht geimpft werden können. Wer ein Impfangebot nicht annimmt, muss akzeptieren, dass er für den Zugang zu bestimmten öffentlichen Veranstaltungen einen selbst finanzierten negativen Test vorweisen muss“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der „Rheinischen Post“ (Mittwoch).
Kritik an der Schwerpunktsetzung kam hingegen von den Lehrerverbänden: Es wäre dringend notwendig gewesen, sich darauf zu einigen, in den nächsten Wochen möglichst viele Unterrichtsräume mit Raumluftfilteranlagen auszustatten, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). „Wir fürchten, dass es weiter Länder geben wird, die ihre Schulen in dieser Frage weitgehend im Stich lassen.“ Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, sagte dem RND, der Gipfel habe versäumt, mit bundesweit einheitlichen Leitlinien für Klarheit zu sorgen.
Auch der Hausärzteverband hat enttäuscht auf die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz reagiert. Es hätte „endlich eines bundeseinheitlichen, umfassenden Bewertungssystems des Pandemiegeschehens auf Basis unterschiedlicher Faktoren bedurft,“ sagte der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, den Zeitungen der „Funke“-Mediengruppe (Mittwoch). Für die Erarbeitung solcher neuen Maßstäbe „war Zeit genug in den letzten Monaten“. (dpa)
Fast 5.000 Neuinfektionen in Deutschland
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 4996 neue Positiv-Tests. Das sind 1425 mehr als am Mittwoch vor einer Woche, als 3571 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 25,1 von 23,5 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.
14 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf 91.817. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 3,79 Millionen Corona-Tests positiv aus. (rtr)
Facebook stoppt Fake-News-Kampagne zu Impfungen
Facebook hat eine internationale Kampagne zur Verbreitung von Falschinformationen über Corona-Impfungen gestoppt. Wie das US-Unternehmen am Dienstag erklärte, versuchte eine russische Werbeagentur bekannten Persönlichkeiten auf verschiedenen Online-Plattformen Fake News unterzujubeln. Aufgefallen sei die Kampagne, nachdem Influencer in Deutschland und Frankreich Nachforschungen angestellt und Alarm geschlagen hätten.
Hinter der Kampagne steckte demnach die russische Firma Fazze. Diese habe eine „Falschinformations-Waschanlage“ betrieben, erklärte Facebook. Ziel sei gewesen, dass vertrauenswürdige Personen mit großer Gefolgschaft im Netz Desinformationen teilen.
Dabei hatte es die Kampagne vor allem auf Indien und Lateinamerika, aber auch die USA abgesehen. Es ging darum, Corona-Impfstoffe in Verruf zu bringen, über deren Zulassung gerade debattiert wurde.
Die Hoffnung sei gewesen, dass die Influencer ihre „Hausaufgaben“ nicht machen würden, sagte Ben Nimmo, der bei Facebook für das Aufspüren von Falschinformationen zuständig ist. Zwei der angeschriebenen Influencer hätten aber nachgeforscht. „Es ist wirklich eine Warnung“, sagte Nimmo und appellierte an die Influencer: „Seid vorsichtig, wenn euch jemand eine Geschichte verkaufen will. Stellt eigene Nachforschungen an“. (dpa)
RKI: Impfquote wohl höher als gedacht
Bei der Interpretation von Impfquoten-Daten gibt es laut Robert Koch-Institut (RKI) eine „gewisse Unsicherheit“. Mehrere Überlegungen legten nahe, dass die Meldungen im sogenannten Digitalen Impfquotenmonitoring (DIM) die Impfquoten vermutlich unterschätzen, geht aus einem RKI-Report vom Dienstag hervor. Vor allem unter jungen Erwachsenen und Erwachsenen im mittleren Alter könnten demnach schon mehr Menschen eine erste Impfung erhalten haben als offiziell verzeichnet.
Das DIM speist sich aus Meldungen von Impfzentren, Krankenhäusern, mobilen Impfteams und mittlerweile auch Betriebsmedizinern, laut RKI fließen zudem Daten der niedergelassenen Ärzte und Privatärzte ein. Zusammen sind sie Grundlage für das sogenannte Impfdashboard. Daneben gibt es noch eine weitere RKI-Erhebung namens Covimo, für die Impfquoten anhand von Befragungen hochgerechnet werden.
In der jüngsten Covimo-Erhebung von Ende Juni bis Mitte Juli unter rund 1000 Erwachsenen hat sich laut Report eine Diskrepanz zum DIM ergeben. Die Quote der mindestens einmal Geimpften fiel dabei „um einiges höher“ aus, besonders in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen: Während in der Befragung 79 Prozent angaben, geimpft zu sein, waren es laut Meldesystem 59 Prozent. Die Autoren des Reports schreiben, die tatsächliche Impfquote liege voraussichtlich zwischen den Werten beider Quellen.
„In Bezug auf die Impfquoten zu vollständig Geimpften lag hingegen kein wesentlicher Unterschied vor“, heißt es im Report. Eine gewisse Untererfassung in solchen Überwachungssystemen gilt für Fachleute auch als erwartbar.
Es werden verschiedene Erklärungsansätze angeführt. Ein Punkt ist die Erfassung der Impfungen mit Johnson & Johnson, bei denen nur eine Dosis für den vollen Schutz vorgesehen ist. Vertragsärzte meldeten diese Immunisierungen ausschließlich als zweite Impfdosen, zudem sei keine Zuordnung von Impfstoff und Altersgruppe möglich, erläutert das RKI. Inzwischen ist in den DIM-Daten ein Hinweis zu finden, dass die Impfquoten der mindestens einmal geimpften Erwachsenen nach Altersgruppe „systematisch zu niedrig ausgewiesen“ werden.
Im Report heißt es darüber hinaus, dass bisher nur etwa die Hälfte der beim Meldesystem registrierten Betriebsärzte Impfungen über die Webanwendung meldeten. „Dies könnte ein Hinweis auf eine Untererfassung der Impfquoten durch DIM sein.“
Die RKI-Fachleute diskutieren weitere denkbare Einflussfaktoren: etwa potenzielle Verzerrungen in der Befragung, die zu einer Überschätzung der Quote führen könnten. So sei etwa anzunehmen, dass Menschen, die Impfungen befürworten, eher mitmachen als Verweigerer. Auch Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse hätten nicht an den Interviews teilnehmen können. Für beide Aspekte geben die Autoren aber zu bedenken, dass dann auch bei den vollständig Geimpften eine größere Abweichung zwischen den Quellen hätte auftreten müssen.
In dem Bericht zur Befragung heißt es, dass demnach 91,6 Prozent impfbereit oder bereits geimpft seien. „Die Covid-19-Impfbereitschaft der Bevölkerung liegt auf einem hohen Niveau.“ (dpa)
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