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Ak­ti­vis­t:in­nen besetzen AutobahnBaggerblockade gegen Autobahnausbau

Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen blockierten eine Baustelle auf der Bundesstraße 404 bei Kiel. Sie soll zur umstrittenen Autobahn A21 ausgebaut werden.

Radlader, ein Bagger und eine Walze wurden von den Ak­ti­vis­t:in­nen besetzt Foto: TurboKlimaKampfGruppe Kiel

Hamburg taz | Es war ein ungewöhnlicher Start in die Arbeitswoche für die Bauarbeitenden auf der Bundesstraße 404 bei Klein Barkau, südlich von Kiel. Am frühen Montagmorgen blockierten Ak­ti­vis­t:in­nen der TurboKlimaKampfGruppe Kiel (TKKG) ihre Baustelle, um gegen den Ausbau der Straße zur Autobahn zu protestieren.

Acht Personen besetzten einen Radlader, einen Bagger und eine Walze. Vier Menschen seilten sich von einer Brücke ab und spannten ein Transparent mit der Aufschrift „ÖPNV für alle & umsonst“ auf.

Durch die Aktion konnten die Bauarbeiter erst einige Stunden später als geplant mit der Arbeit beginnen. „Soweit ich weiß, sind sie dann Kaffee trinken gegangen“ sagt Frieda von TKKG, die nicht bei der Aktion dabei war, aber für die Gruppe spricht. Die Gruppe hoffe, dass die Arbeitenden einen angenehmen Morgen hatten, sagt Frieda.

Die Polizei räumte die Blockade nach wenigen Stunden zwischen 9 und 10 Uhr vormittags. Zuvor seien die Ak­ti­vis­t:in­nen mehrmaligen Aufforderungen, die Baustelle zu verlassen, nicht nachgekommen, sagte eine Polizeisprecherin. Bei der Räumung hätten sie aber keinen Widerstand geleistet. Für die Räumung der Personen auf der Brücke sperrten die Beamten nach eigenen Angaben den Verkehr für etwa eine Viertelstunde.

Blockade richtete sich nicht gegen Autofahrende

Die Bundesstraße soll ausgebaut werden, um die Nord-Süd-Verbindung der A 21 zu verlängern, die bisher einige Kilometer südlich von Kiel endet. Im Bereich der aktuellen Baumaßnahme ist sie zweispurig. Gebaut wird nur auf einer Spur. Bis die Polizei diese Spur sperrte, um die Ak­ti­vis­t:in­nen zu räumen, waren Autofahrende daher von der Blockade nicht betroffen.

Das sei Absicht gewesen, sagt Frieda von TKKG. „Wir waren wegen der Baustelle da“ sagt die Aktivistin. Die Gruppe habe mit der Aktion gegen den Ausbau der Bundesstraße zur Autobahn A21 protestieren wollen. Deshalb hätten sie sich bewusst auf die Baustelle konzentriert, statt Autofahrende zu blockieren. „Wir finden nicht, dass Autobahnen bauen heutzutage zukunfsfähig ist“, sagt Frieda, „in Zeiten der Klimakrise ist es ökologisch Quatsch und gerechtigkeitsmäßig unmöglich, weiter den Individualverkehr zu fördern, statt Bus, Bahn und Fahrrad.“

Der Ausbau der A21 ist seit Jahrzehnten geplant. Derzeit ist sie rund 56 Kilometer lang. Sie soll einmal östlich an Hamburg vorbei von Kiel im Norden bis zur A39 bei Lüneburg im Süden führen. Durch den Ausbau der B404 zur A21 als Ostumfahrung Hamburgs soll die A1 entlastet werden, so die Autobahn GmbH des Bundes. Der Bau des Abschnitts südlich von Kiel läuft seit 2017. Seit 2019 ist die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) mit dem Bau beauftragt.

Den ursprünglich ebenfalls geplanten Ausbau der B 202 zur „Südspange Kiel“ hat das Unternehmen nach einem Gutachten Ende vergangenen Jahres wegen Zweifeln an der Klimawirkung und stark gestiegener Kosten zunächst zurückgestellt. Seit dem priorisiert die Deges den Ausbau der A21. Der Ausbau sei nötig, um die vielbefahrene B76 zu entlasten und Kiel besser erreichbar zu machen.

Ausbau der Bundesstraße zur A21 ist umstritten

Die B404 ist stellenweise bereits als vierspurige Bundesstraße ausgebaut, für den Anschluss an die Autobahn A21 sind jedoch noch weitere Bauarbeiten erforderlich. Die geplante Fertigstellung des Abschnitts hat sich mehrfach verzögert. Nach derzeitigem Stand soll die A21 bei Kiel Mitte 2026 fertig gestellt sein und dann bis in die Stadt hineinführen.

Der Ausbau der A21 ist umstritten. Kritik kommt nicht nur von den Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen von TKKG. Niklas Hielscher vom Bündnis „Vorfahrt für den Klimagürtel“, dem rund 20 Kieler Organisationen angehören, hält den Ausbau zur Autobahn auch aus verkehrstechnischen Gründen nicht für zwingend notwendig. „Es könnte auch eine vierspurige Bundesstraße bleiben“ sagt Hielscher. Die einzige enge Stelle auf der Strecke sei die Brücke über die Bahnlinie Kiel-Hamburg.

Es sei auch möglich, die Straße punktuell auszubauen ohne sie direkt zu einer Autobahn zu machen. „Die Planungen sind überdimensioniert und ökologisch bedenklich“, so Hielscher. Das Bündnis kritisiert den Ausbau zur Autobahn auch deshalb, weil dafür eine Ausweichstrecke gebaut werden muss.

Das liegt daran, dass für Autobahnen andere Regeln gelten als für Bundesstraßen. Zum Beispiel sind Autobahnen breiter und Fahrzeuge, die langsamer als 60 Stundenkilometer fahren können, dürfen nicht auf die Autobahn, wie in der Regel Linienbusse oder kleine Traktoren. Wenn die Bundesstraße 404 zur Autobahn ausgebaut wird, braucht sie deshalb eine Ausweichstrecke. Diese Umgehungsstraße würde durch den Kieler Grüngürtel führen, ein teilweise unter Naturschutz stehendes Gebiet im Süden der Stadt.

Dadurch würden Teile eines Naherholungsgebiets mit Kleingärten und einem Wanderweg zerstört, kritisiert Hielscher. „Außerdem bedeutet die Nebenstrecke eine zusätzliche Bodenversiegelung“, sagt er. Das Bündnis kritisiert zudem, dass aus der Planung der Deges noch nicht hervorgeht, wie das Autobahnende in der Stadt aussehen soll. Das Bündnis fordert deshalb, den Ausbau zu stoppen.

Die Ak­ti­vis­t:in­nen von TKKG, die am Montagmorgen die Baustelle blockiert hatten, sind nach erkennungsdienstlichen Maßnahmen auf der Polizeiwache in Plön am Mittag wieder entlassen worden. Wie die Polizeidirektion Kiel mitteilte, hat die zuständige Ermittlungsbehörde gegen sie Strafanzeige wegen des Verdachts der Nötigung gestellt. Allen zwölf Ak­ti­vis­t:in­nen gehe es gut, sagt Frieda von TKKG.

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