Aktivistin beendet Hungerstreik: Haidar darf in Westsahara zurück
Aminatu Haidar, die "sahrauische Gandhi", darf nach 32-tägigem Hungerstreik in ihre Heimat zurück. Bei den diplomatischen Verhandlungen waren auch Paris und Washington beteiligt.
MADRID taz | Aminatu Haidar ist zu Hause. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag stimmte König Mohamed VI. nach intensiven, diplomatischen Bemühungen einer Rückkehr der sahrauischen Menschenrechtsaktivistin nach El Aaiún, der Hauptstadt der seit 1975 von Marokko besetzten, ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara zu. "Das ist ein Sieg für das internationale Recht, die Menschenrechte, die Gerechtigkeit und den Kampf der Sahrauis", erklärte Haidar, von ihrem 32-tägigen Hungerstreik sichtlich geschwächt, als sie mit einem Notarztwagen vom Krankenhaus von Lanzarote zum Flughafen der Insel gebracht wurde. Um 22:23 Uhr kanarischer Zeit war es dann soweit. Unter dem Jubel von mehreren Hundert Freunden und Anhängern hob Haidars Maschine Richtung El Aaiún ab.
Die "sahrauische Gandhi", wie die Menschenrechtlerin von ihren Landsleuten genannt wird, war am 14. November von den marokkanischen Besatzungsbehörden auf die spanische Urlaubsinsel Lanzarote abgeschoben worden, nachdem sie von einer Reise in den USA zurückkam, wo sie mit einem renommierten Menschenrechtspreis ausgezeichnet worden war. Seither verweigerte die 43-Jährige aus Protest jedwede Nahrungsaufnahme. Am Mittwoch Abend war Haidar auf eigenen Wunsch mit schweren Schmerzen und Magenblutungen ins Krankenhaus eingeliefert worden.
Auf ihrer Heimreise wurde Aminatu Haidar von ihrer Schwester Leila sowie dem Chefarzt des Krankenhauses von Lanzarote begleitet. Ein starkes Aufgebot der marokkanischen Polizei sollte am Flughafen in El Aaiún und im Wohnviertel Haidars allzu große Freudenkundgebungen verhindern. Dennoch erwarteten Dutzende Sahrauis ihre Heldin. Sie ließen Haidar und die sahrauische Befreiungsbewegung Polisario hochleben und riefen immer wieder "Marokko raus!".
Seit dem frühen Donnerstag Nachmittag zeichnete sich eine bevorstehende Lösung ab. Überraschend gelang es Martin Schulz, dem Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament in Straßburg, eine Resolution in Solidarität mit Aminatu Haidar von der Tagesordnung der Plenarsitzung zu nehmen. Er habe Kenntnis von intensiven Verhandlungen zur Lösung des Falles Haidar. Eine Resolution könne diese negativ beeinflussen, erklärte er unter Protest der Linken und Grünen, die den Text ausgearbeitet hatten. Wenige Stunden später bestätigte Spaniens Außenminister Miguel Ángel Moratinos in Madrid, dass eine Rückkehr Haidars unmittelbar bevorstehe. Am frühen Abend dann telefonierte Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero mit einer engen Vertrauten Haidars, um ihr mitzuteilen, dass ein Flugzeug auf die Menschenrechtsaktivistin warte.
Der Lösung des Falles Haidar waren intensive diplomatische Verhandlungen vorrausgegangen, in die sich sowohl Paris als auch Washington eingeschaltet hatten. Der enge Freund des marokkanischen Königs Fouad Ali el Himma besuchte zusammen mit dem marokkanischen Geheimdienstchef das US-Außenministerium. Der marokkanische Außenminister Taieb Fassi Fihri wurde am Dienstag vom französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy empfangen.
Was Marokko für "die humanitäre Geste", wie Rabat die Rückkehr Haidars nennt, erhalten hat, wurde bisher nicht bekannt. Allerdings erkennen sowohl Paris als auch Madrid in ihren jeweiligen Erklärungen ausdrücklich an, dass bis zu einer endgültigen Lösung des Westsahara-Konfliktes die besetzten Gebiete marokkanischem Recht unterstehen. Sarkozy geht noch einen Schritt weiter. Er unterstützt ausdrücklich König Mohamed VI. in seinen Bemühungen der Westsahara einen Autonomiestatus innerhalb des marokkanischen Königreiches zu geben. Die Befreiungsbewegung Polisario lehnt dies ab. Sie verlangt eine Abstimmung, in der die Bevölkerung frei über die Zukunft der Westsahara entscheiden soll.
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