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Aktionstag der IG MetallGut 80.000 Menschen fordern sichere Arbeitsplätze

Unter dem Motto „Zukunft statt Kahlschlag“ fanden am Samstag Demos in mehreren Städten statt. Die Gewerkschaft begrüßt die schwarz-rot-grüne Einigung auf ein Sondervermögen für Investitionen.

Auch auf dem Schlossplatz in Stuttgart versammelten sich mehrere tausend Menschen, um gegen Arbeitsplatzabbau zu demonstrieren Foto: Christoph Schmidt/dpa

Frankfurt am Main afp Rund 81.000 Menschen haben sich nach Angaben der IG Metall am Samstag in mehreren Städten an einem gewerkschaftlichen Aktionstag für sichere Industriearbeitsplätze beteiligt. Im Rahmen der Aktion „Zukunft statt Kahlschlag“ fanden Kundgebungen in Hannover, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Leipzig statt. Diese begannen symbolträchtig jeweils um fünf Minuten vor Zwölf.

„Wir setzen mit unserem Aktionstag ein klares Zeichen für schnelles Handeln, beherzte Investitionen von Politik und Unternehmen und vor allem: Für unsere Zukunft“, sagte die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner nach Gewerkschaftsangaben in Hannover. „Ohne Industrie ist Deutschland ein armes Land, das werden wir nicht zulassen“, hob Benner weiter hervor. Den Arbeitgebern warf sie vor, sie wollten nur „kürzen und verlagern“, machten aber „keine Anstalten, Innovationen oder Zukunft zu gestalten“.

Ausdrücklich stellte sich Benner hinter die Pläne von Union und SPD für ein kreditfinanziertes Sondervermögen für mehr Investitionen, die nach Änderungen auch von den Grünen unterstützt werden. „Es ist gut, dass die Politik gezeigt hat, dass sie verstanden hat“, sagte sie. Allerdings sei das Sondervermögen noch nicht beschlossen. Daher müssten „jetzt alle politischen Kräfte Verantwortung übernehmen, damit dieses zentrale Vorhaben nicht scheitert“, forderte die IG-Metall-Vorsitzende.

Die IG Metall fordert die Arbeitgeber mit ihrem Aktionstag auf, sich zum Standort Deutschland zu bekennen. Mit Arbeitsplatzabbau, Standortschließungen und -verlagerungen müsse Schluss sein, hieß es im Aufruf zum Aktionstag. Die neue Bundesregierung müsse „schnell“ die Bedingungen für die Industrie verbessern und „soziale Sicherheit im Wandel“ garantieren. Eine starke, zukunftsfähig aufgestellte Industrie sei „Voraussetzung für gute, fair bezahlte Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland insgesamt“, betonte die Gewerkschaft.

Mitgetragen wurde die Aktion auch von der Industriegewerkschaft IGBCE. „In den Grundstoffindustrien brennt die Hütte lichterloh. Fast täglich erreichen uns Meldungen über neue Sparprogramme, Stellenabbau, Anlagen- oder sogar Standortschließungen“, warnte deren Vorsitzender Michael Vassiliadis. Er wandte sich gegen einen „Abschied auf Raten“ von der Industrie in Deutschland.

An der Kundgebung in Hannover beteiligten sich laut IG Metall etwa 9000 Menschen. In Köln gab es demnach etwa 23.000 Teilnehmende. Für Stuttgart wurde die Teilnehmerzahl mit 25.000 angegeben, für Frankfurt am Main und Leipzig jeweils mit 12.000.

Kritisch äußerte sich der Maschinenbau-Branchenverband VDMA. So sei die von der IG Metall geforderte Bevorzugung tarifgebundener Unternehmen „der falsche Weg“, hieß es. VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann verlangte zudem Korrekturen an Arbeitszeitregeln.

Union und SPD planen, die geltende tägliche Obergrenze für die Arbeitszeit von normalerweise acht Stunden durch einen wöchentlichen Höchstwert zu ersetzen. Dem erteilte Benner eine klare Absage. „Ich halte davon nichts“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie verwies dabei auf die bereits hohe Arbeitsbelastung für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

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3 Kommentare

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  • Die Gewerkschaften müssen sich dringend mit "Lohnstückkosten" beschäftigen. Energie-, Lohn- und Bürokratiekosten sowie Steuern werden auf die produzierten Stücke umgelegt.

    Um die Lohnstückkosten zu senken, muß der Ausstoß bei gleichen Kosten steigen oder bei gleicher Produktionsmenge müssen die Kosten sinken.

    Auf jeden Fall sollten die Gewerkschaften dafür kämpfen, daß die Lohnstückkosten nicht noch weiter steigen.

    Die Energiekosten hat Deutschland für die nächsten 20 Jahre konkurrenzunfähig zementiert. Überkapazitäten an Solaranlagen + Überkapazitäten an Windkraftanlagen + Gaskraftwerke + teures Erdgas oder gar Wasserstoff zu deren Betrieb + Batterien + Hydrolyseure. All diese Anlagen müssen finanziert, verkabelt, gewartet und viele davon alle 20 Jahre erneuert werden. Das ist jetzt so.

    Jetzt stehen die Erhöhungen der Sozialversicherungsbeiträge an. Wenn die Gewerkschaften erneut nicht aufpassen, werden diese von 40 auf 50% des Sozialversicherungsbrutto steigen. Eine Steigerung um 25%, die jährlich zu zahlen ist. Ein einmaliger Investitionskostenzuschuß von 10% wäre unerheblich. Er würde nur mitgenommen werden, wenn Arbeitsplätze sowieso durch Maschinen ersetzt werden.

  • Es ist wirklich schlimm, was unsere Gewerkschaften so fordern.



    Es gibt keine "sicheren Arbeitsplätze", außer vielleicht für Beamte.



    Die Welt ändert sich und das ist zum großen Teil auch gut so.



    Das heisst aber halt auch, dass soziale Sicherung oder Einkommenssicherheit nicht über Arbeitsplätze organisiert werden kann.



    Wer sich der Realität verweigert, gefährdet Soziale Sicherheit und die dringend notwendige ökologische Transformation.



    Danke für nichts, Gewerkschaften!

    Es wäre dringend angesagt, gegen die Verschärfungen im "Bürgergeld" (mit Umbenennung) mit der Rückkehr der Totalsanktionen zu demonstrieren. Danke für nichts.

    • @Eric Manneschmidt:

      Na klar, in guten Zeiten fließen die Gewinne als Rendite ab und in kriselnden Zeiten, teils selbstverschuldet, sollen die Unternehmen, unter Verweis auf das Sozialsystem, aus der Verantwortung genommen werden.

      Wer verweigert sich denn hier der Realität?

      Und hinter den Gewerkschaften stehen die Menschen, die sog. Arbeitnehmer, die sich, dank Organisation in Gewerkschaften, gegen manche Methoden des Raubtierkapitalismus zur Wehr setzen.