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Aktionsplan der BundesregierungRüsten gegen den Klimawandel

Umweltminister Gabriel fordert schnelle Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels. Umweltverbände wollen "Vermeidung vor Anpassung".

Das Waldbrandrisiko nimmt durch den Klimawandel zu Bild: dpa

Deutschland muss sich frühzeitig auf die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels einstellen. "Eigentlich sollte uns das Thema Anpassung relativ wenig beschäftigen", sagte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag zum Auftakt einer Konferenz in Berlin. "Aber es wird uns sehr lange beschäftigen." Die Anpassung an die Klimaveränderungen gebe es nicht zum Nulltarif, aber: "Je früher, desto kostengünstiger." Die Konferenz diente dem Dialog zwischen Politikern, Wissenschaftlern, Wirtschaftsvertreter und Verbänden. Bis 2011 will die Bundesregierung einen "Aktionsplan Anpassung an den Klimawandel" erarbeiten.

Schon jetzt ist klar: Egal wie groß die Klimaschutzanstrengungen ausfallen, der Klimawandel kann auch im besten Fall nur begrenzt werden. "Die ersten Zeichen des Klimawandels sind in Deutschland bereits offensichtlich - und dazu muss man kein Klimaexperte sein", sagte Gabriel. Die Flutstände würden höher, Obstbauern klagten über Probleme des Obstanbaus, das Waldbrandrisiko nehme zu. Gabriel betonte aber auch, dass es nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner des Klimawandels gebe. Manche Landwirte etwa würden bereits zweimal im Jahr ernten.

Die Gelder für notwendige Gegenmaßnahmen sollten nach Gabriels Meinung aus den steigenden Einnahmen des CO2-Emissionshandels kommen und zur Hälfte in nationale Maßnahmen für den Klimaschutz und die Bekämpfung des Klimawandels fließen. Die andere Hälfte solle für internationale Klimaprogramme reserviert werden.

Während Gabriel im Saal versicherte, dass "Anpassung den Klimaschutz nicht ersetzt", äußerten Umweltschützer vor dem Gebäude genau diese Befürchtung. "Mit der Diskussion über die Anpassung an den Klimawandel lenkt Gabriel vom eigentlichen Thema und seinem klimapolitischen Versagen ab", kritisierte Ferdinand Dürr vom Netzwerk Campact. "Bevor der Minister über Anpassung nachdenkt, muss er sich konsequent für die Verhinderung des Klimawandels einsetzen." Zusammen mit der Klima-Allianz und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wollten Campact-Aktivisten vor der Konferenz über 37.000 Unterschriften gegen den Neubau von klimaschädlichen Kohlekraftwerken überreichen. Doch Gabriel umging die angekündigte Aktion und betrat die Konferenz durch den Hintereingang. Das Ministerium begründete das auf taz-Nachfrage mit Zeitmangel des Ministers. Unter dem Motto "Zukunft statt Kohle" forderten die Demonstranten ein Gesetz, das nur dann den Neubau von Kraftwerken erlaubt, wenn diese einen Mindestwirkungsgrad von 58 Prozent sowie eine Kraft-Wärme-Kopplung haben. DUH-Sprecher Gerd Rosenkranz: "Deutschland kann nicht beides sein - Kohleland und Klimavorreiter."

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4 Kommentare

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  • M
    Maiblume

    1. Dass Leserkommentator thiotrix (unten) selber von Vielem keine Ahnung hat, ist offensichtlich, z. B. davon, dass hinter jeder Unterschrift einer solchen Aktion sehr viel mehr Menschen stehen, die ähnlicher Meinung sind; davon abgesehen kann es auch gut sein, dass die Mehrheit sogenannter Bürgerinnen und Bürger sehr viel weniger Ahnung hat, als eine Minderheit (das wäre ja nix neues in der Geschichte der Menschheit - was nicht impliziert, dass Oligarchien besser sind, denn dort regieren dann oft ganz besonders dumme Leute).

     

    2. Obwohl ich Campact unterstütze finde ich die Aussage von Ferdinand Dürr vom Netzwerk Campact "Bevor der Minister über Anpassung nachdenkt, muss er sich konsequent für die Verhinderung des Klimawandels einsetzen." einfach sehr falsch, bzw. unlogisch. Denn beides ist gleichzeitig wichtig!

     

    Zu den effektivsten Maßnahmen des Klimaschutzes gehören übrigens nach wie vor der Stop der Urwaldzerstörungen, v. a. in Indonesien , auch in Brasilien etc.

     

    Außerdem wäre es sehr effektiv, Solarkocher und allg. preisgünstig herstellbare Solaranlagen in äquator-nahen Ländern zu fördern. Wenn die Industriestaaten dazu z. B. nur 1% ihres BIP aufwenden würden, wäre das schon ein gigantischer Effekt.

     

    Außerdem könnte so gut wie jedes Dorf in Europa mindestens ein 1 MW Windrad haben und mindestens 10% aller Dachflächen mit Solaranlagen ausstatten.

     

    Nicht zu vergessen ist zudem, dass mit moderner Geothermie-Technologie der Weltbedarf an Energie (inklusive Elektrizität) gedeckt werden könnte (freilich ist Solarenergie, Windenergie etc. teilweise einfacher nutzbar, wäre aber stärker als bisher durch Geothermie ergänzbar).

     

    Mit Anpassungsmaßnahmen sollten v. a. die am meisten betroffenen Regionen & Menschen unterstützt werden. Die Kohle- und Erdölindustrie, die bisher durch die Verursachung des Klimawandels Jahrzehnte lang umgerechnet Hunderte Milliarden Dollar Gewinne gemacht hat, sollte dazu mit Klimaabgaben belastet werden.

  • DM
    Daniel Meyer

    Erstmal, 2007 wurden weltweit 30.892 Mt CO2 emitiert, Deutschland war mit 861 Mt dabei. Das entspricht einem Anteil von etwa 2,8%, wobei nur etwa 1,3% aller Menschen auf der Welt in Deutschland leben. Wir haben da also schon eine gewisse Verantwortung.

     

    Und wir haben eine Vorbildwirkung, wenn wir als sehr reiches Land es nicht schaffen, von Kohle, Öl und Uran wegzukommen, dann werden andere Länder zu Recht unseren Entwicklungsweg nachgehen wollen, anstatt gleich auf den Aufbau einer regenerativen Energieversorgung zu setzen.

     

    Das Problem ist aber, das man als Monopolist, mit zentralen Großkraftwerken, die mit fossilen Energieträgern betrieben werden, einfacher Geld verdienen kann. Auch wenn dezentrale Lösungen mit Kraft-Wärme-Kopplung, und der Nutzung regenerativer Energien, gesamtgesellschaftlich effektiver wären. Aber der politische Einfluss der Monopolisten (RWE, E.ON, Vattenfall, EnBW) wird das schon zu verhindern wissen, nicht nur in unserem Land.

  • G
    grandpain

    Super, und wenn ich mein Licht tagelang brennen lasse in den Urlaub macht das ja auch nur 0,0000003‰ des deutschen CO2-Ausstoßes aus (Zahl geschätzt, ich gebe es zu). Deshalb lasse ich aber noch lange nicht mein Licht brennen. Und solange wir nicht mit gutem Vorbild vorgehen, können wir auch von China nicht verlangen, selbst beim Kraftwerksneubau auf Effizienz zu achten. Argumente wie das von thiotrix sind kontraproduktiv.

  • T
    thiotrix

    Was sind schon 37.000 Unterschriften von Leuten, die keine Ahnung haben?

     

    Deutschland hat 80 Millionen Einwohner - wenn davon gerade einmal 37000 BürgerInnen = 0,046% einen unsinnigen Protest unterschreiben, ist das ziemlich lächerlich. Solchen Leuten gebührt keinerlei Respekt; sie müssen sich erst einmal hinsetzen und sich über die Fakten informieren. Moderne Kohlekraftwerke in Deutschland haben Wirkungsgrade von über 45% (Durchschnitt Deutschland 38%, USA 35%, weltweit 30%). Andere Länder bauen reihenweise neue Kohlekraftwerke mit miesen Wirkungsgraden - allein in China wurden im Jahre 2006 174 (in Worten: einhundertvierundsiebzig!) Kohlekraftwerke neu in Betrieb genommen und in 2007 noch ca. 120 weitere. Die Zahlen für 2008 und 2009 können ja geneigte LeserInnen in Erfahrung bringen. Ob wir unsere deutschen Kohlekraftwerke abschalten oder in China fällt ein Sack Reis um – der Effekt ist ungefähr der gleiche! Der deutsche Anteil an der weltweiten CO2-Emission ist marginal: gegenwärtig werden pro Jahr weltweit 28 Milliarden t CO2 durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe ausgestoßen. Der Anteil Deutschlands an der globalen CO2-Freisetzung beträgt gegenwärtig 3,2 % oder in absoluten Zahlen 880 Millionen t pro Jahr.

    Hier hat Siggi Pop Gabriel mal einen lichten Moment gehabt!