Aktion in Polen und Deutschland: Abtreibung per Luftfracht
In Polen ist Abtreibung verboten. Wer nicht ins Ausland fahren kann, kann nun auf Post von oben hoffen: Eine Drohne bringt das Medikament.
Gesteuert wird die Drohne von einer Aktivistin der Organisation “Women on Waves“. Sie steht am gegenüberliegenden Flussufer, in Frankfurt. „Wenn Betroffene die Pillen übers Internet bestellen, werden die Lieferungen oft vom polnischen Zoll beschlagnahmt“, sagt Rebecca Gomperts, Gründerin der NGO. Eine Abtreibung zu ermöglichen ist in Polen eine Straftat – auch eine persönliche Übergabe ist ausgeschlossen. Es bleibt nur der Luftweg.
Normalerweise fährt „Women on Waves“ Betroffene auf einem Schiff in internationale Gewässer. Zusammen mit etwa 15 deutschen und polnischen AktivistInnen hat sie am Samstag den Einsatz der „Abtreibungsdrohne“ getestet.
Abtreibungen sind in Polen verboten, Ausnahmen gibt es für Vergewaltigungsopfer oder bei Lebensgefahr. Die offizielle Zahl der Abtreibungen liegt bei 774 pro Jahr. Laut „Women on Waves“ werden jedoch jährlich zwischen 48.000 und 240.000 Eingriffe illegal vorgenommen.
„Nur weil Abtreibungen verboten sind, heißt das nicht, dass sie nicht gemacht werden“, sagt Katharina Mahrt. Ihre Gruppe „Cocia Basia“ – auf Deutsch „Tante Barbara“ – hilft Polinnen, in Berlin einen sicheren Schwangerschaftsabbruch durchzuführen. Sie bieten den Frauen eine Unterkunft, organisieren die Termine und beteiligen sich, wenn nötig, auch an den Kosten. Jetzt haben sie den Drohnenflug mitorganisiert.
Abtreibung für 1.000 Euro
Die Aktion nutzt eine Gesetzeslücke: In Deutschland müssen Drohnen unter fünf Kilo Gewicht nicht angemeldet werden, solange sie in Sichtweite fliegen. „Wir wollen Aufmerksamkeit auf die Illegalität lenken, in die die Frauen getrieben werden“, sagt Mahrt.
Eine heimliche Abtreibung in Polen kostet um die 1.000 Euro. Zudem seien die Ärzte aufgrund des Verbots nicht auf dem aktuellen medizinischen Stand – oftmals würden Ausschabungen durchgeführt, bei denen das Verletzungsrisiko hoch ist. Oder Frauen, die das Geld nicht haben, versuchen, ihre Schwangerschaft zu beenden, indem sie Stricknadeln oder andere Gegenstände in ihre Vagina einführen – unter hohem gesundheitlichem Risiko.
Anders der medikamentöse Abbruch mit der Abtreibungspille. Diese löst eine Fehlgeburt aus. In Deutschland kann sie unter ärztlicher Aufsicht bis zur neunten Schwangerschaftswoche verabreicht werden. In Ländern, in denen das offiziell nicht möglich ist, können die Schwangeren die Pille zu Hause einnehmen – oder eben am Ufer der Oder.
Am Ende der Aktion tauchen etwa zwölf polnische LebensschützerInnen auf. Sie halten daumengroße Plastikföten in die Luft und tragen Schilder, die ungeborene Babys am Galgen zeigen. Ansonsten bleibt es ruhig auf der polnischen Seite.
Die deutsche Polizei hingegen konfisziert die Fernsteuerung und erstattet aus bislang unbekanntem Grund Strafanzeige. Die AktivistInnen sind trotzdem zufrieden. Sie arbeiten weiter daran, die Entscheidung über Abtreibungen auch in Ländern wie Polen in die Hände der Frauen zu legen. „Ein sicherer Abbruch sollte nicht nur reichen Eliten vorbehalten sein, die es sich leisten können zu reisen“, sagt Mahrt.
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