Aktion für den Neubau der Waisenbrücke: Brückenschlag am Brückentag
Die historische Waisenbrücke in Berlin-Mitte soll für den Fuß- und Radverkehr auferstehen. Einem Aktionsbündnis geht das nicht schnell genug.
Dass Berlin mehr Brücken als Venedig hat, ist eine so unbestreitbare wie triviale Tatsache, die jeder kennt, der mal eine Stadtrundfahrt per Schiff unternommen hat. Weniger bekannt sind da schon die Lücken an beziehungsweise über den innerstädtischen Wasserwegen: Brückenbauten etwa, die im letzten Krieg zerstört oder später abgerissen wurden.
Die damals von den Deutschen gesprengte Brommybrücke zwischen Friedrichshain und Kreuzberg gehört dazu, aber auch die vermutlich noch weniger bekannte Waisenbrücke in Mitte. Sie verband früher westlich der Jannowitzbrücke das Klosterviertel und die Nördliche Luisenstadt, von Norden kommend führte sie direkt aufs Märkische Museum zu.
Anfang des 18. Jahrhunderts als Holzbrücke erbaut und nach dem benachbarten Großen Friedrich-Hospital benannt, wo elternlose Kinder lebten, wurde die Waisenbrücke zwischen 1892 und 1894 neu und steinern errichtet. „Breite Gehwege auf beiden Seiten der großzügig bemessenen Fahrbahn laden dazu ein, über die Spree zu spazieren oder auf halbrunden Balkonen unter kunstvoll verzierten Straßenlaternen zu verweilen“, heißt es auf der Seite des Stadtmuseums Berlin.
Ein Teil dieser Brücke wurde ebenfalls von den Nazis gesprengt, um den Vormarsch der Roten Armee zu stoppen. Dank eines Behelfsbaus ging es aber noch bis 1960 an dieser Stelle über die Spree. Dann wurde die Waisenbrücke abgerissen: Aus Sicht des Ostberliner Magistrats stellte sie eine Gefahr für die Binnenschifffahrt dar. Noch heute lassen sich die Stümpfe des Bauwerks an den Ufern erkennen.
Zwar ist der Wiederaufbau der Waisenbrücke als Fußverkehrs- und Fahrradverbindung ein offizielles Ziel des Sanierungsgebiets Nördliche Luisenstadt – nach letztem Stand soll es zwischen 2026 und 2030 soweit sein. Es sind auch 11 Millionen Euro dafür im Etat der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vorgesehen. Aber so richtig bewegt sich bei der Planung nichts.
Eine Brücke aus Booten
Deshalb hat sich eine Allianz „Neue Waisenbrücke“ gegründet hat, die dem Land Druck machen will. Die Stiftung Stadtmuseum gehört ebenso dazu wie der Bürgerverein Luisenstadt, Changing Cities und der BUND. Und weil dieser Freitag bekanntlich ein „Brückentag“ ist, rufen sie zwischen 13.30 und 14.30 Uhr zu einem „Spaziergang mit ausreichend Abstand“ rund um den früheren Standort der Waisenbrücke auf. Der lohnt sich schon deshalb, weil gleichzeitig Schiffe des nebenan gelegenen Historischen Hafens die Position des Brücke auf dem Wasser markieren werden.
Wem das noch nicht reicht oder wer mittlerweile ein bisschen spaziergehmüde ist, kann auch ab 16 Uhr auf stadtmuseum.de einer Preisverleihung im Livestream beiwohnen. Gekürt werden da die kreativsten Entwürfe in einem „digitalen Brückenbau-Wettbewerb“, den das Museum ausgeschrieben hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers