Aktion am Tag gegen Gewalt an Frauen: Gericht zieht nicht mit

Eine Mütterinitiative will ein Protest-Video auf die Fassade des Celler Oberlandesgerichts projizieren. Doch das Gericht unterstützt die Aktion nicht.

Mehrere Frauen stehen vor und hinter einem lila Transparent und reden.

Protestierten schon vor vier Wochen vor der Staatskanzlei Niedersachsens: Müttergruppe aus Hannover Foto: Paul Hansen

HAMBURG taz | Anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen am Freitag wollte die Mütterinitiative für Alleinerziehende (MIA) ein Video auf die Fassade des Oberlandesgerichts (OLG) Celle projizieren. Das Video ist ein Aufruf an deutsche Gerichte und Jugendämter, die Istanbul-Konvention konsequent anzuwenden: Mit der Konvention hatten sich die Mitgliedsstaaten des Europarats zu einem umfassenden Schutz von Frauen vor Gewalt verpflichtet. Die Präsidentin des OLG, Stefanie Otte, unterstützt die Video-Aktion jedoch nicht.

Das OLG Celle sei in der Vergangenheit schon öfter in Gerichtsprozessen zum Umgangs- und Sorgerecht problematisch aufgefallen, sagt Anne Hansen von der Initiative. Sie habe eine solche Erfahrung auch schon vor Gericht gemacht. Das Celler Gericht würde Fälle ungenügend prüfen und insbesondere Artikel 31 der Istanbul-Konvention „in gar keinem Fall“ anwenden. Besagter Artikel soll den Schutz vor häuslicher Gewalt in umgangs- und sorgerechtlichen Verfahren sicherstellen. „Gerichte wie das OLG Celle führen die Gewalt des Vaters auf institutionelle Art und Weise weiter“, sagt die 44-jährige Mutter.

Der Pressesprecher des OLG Celle, Andreas Keppler, sagt, das Gericht wolle sich nicht gegen den Protest stellen, sondern habe lediglich die Anfrage auf Unterstützung der Aktion abgewiesen. Das Gericht wolle vermeiden, mit politischen Positionen jeglicher Art in Verbindung zu stehen.

Diese Begründung bestätigt Hansen, fügt allerdings hinzu, dass die OLG-Präsidentin ihr in einem Telefongespräch die Sorge mitgeteilt habe, dass die Aktion „einen negativen Blick auf ihr Haus und ihre Richterschaft werfen würde“. Das Gegenteil sei der Fall, findet ­Hansen: Die Unterstützung der „Kunstaktion“ hätte ein positives Zeichen sein können. Zumindest im Video werde schließlich nicht das OLG Celle spezifisch kritisiert, sondern generell alle Gerichte, die bis heute das Umgangsrecht von gewalttätigen Vätern über das Recht auf Gewaltschutz von ­Müttern stellten. Stefanie Otte war auf Anfrage der taz aus Termingründen für eine Stellungnahme nicht verfügbar.

Film darf in Hannover gezeigt werden

Aufgeben wollte die Mütterinitiative nach der Abweisung durch das OLG Celle nicht. Sie fragte das niedersächsische Justizministerium sowie das Amtsgericht Hannover an, als Leinwände für ihre Videobotschaft herzuhalten. Vor beiden Gebäuden soll am Donnerstagabend der Trailer mit dem Titel „Dieses Haus hat Macht“ zu sehen sein. Die Leinwände müssen die Ak­ti­vis­t:in­nen allerdings selbst mitbringen: Beide Gerichte lehnten eine direkte Projektion aus „technischen und organisatorischen Gründen“ ab, sagt Hansen.

In Anlehnung an die Rosen-Revolution, eine Protestaktion, bei der jährlich am 25. November Menschen eine Rose vor Kreißsaaltüren legen, hinter denen ihnen beim Gebären Gewalt angetan worden sei, ruft MIA seit 2020 dazu auf, weiße Lilien vor Gerichtsgebäude oder Jugendämter zu legen. Das OLG Celle dürfte am Freitag wohl einige weiße Lilien vor ihrer Tür erwarten.

Die Videoproduktion „White Lily Revolution“ ist am Donnerstag Abend auch in Hamburg zu sehen – von 17.30 Uhr bis 18.30 Uhr am CVJM-Haus, An der Alster 40.

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