: Aktien im Strudel
Kein Mensch kann heute verbindlich sagen, ob das Volkswagenwerk noch immer ungesicherte Dollarguthaben unterhält, nach Lage der Dinge der Konzern selbst erst recht nicht. Davon wird es allerdings abhängen, ob die Volkswagenaktie noch weiter in den Keller fährt oder nicht. Der Platow Brief will ausdrücklich weitere Rückschläge nicht ausschließen. Seiner Ansicht nach wird der Kurs zur Zeit künstlich gestützt. Gestern konnte die VW–Aktie immerhin 50 Pfennig zulegen und wieder den Stand von 333,50 DM erklimmen. Die Aktienbörse hatte den Kurssturz bei VW bereits in den letzten Monaten vorweggenommen. Von seinem Höchstkurs 686 DM etwa Mitte letzten Jahres ist der Anteilschein schon vor der Strafanzeige des VW–Konzerns gegen Unbekannt in der vergangenen Woche auf etwa 350 DM gerutscht - mit besonderer Geschwindigkeit seit November letzten Jahres, als die Devisenschieflage ruchbar wurde. Als in der vergangenen Woche die Strafanzeige dann erfolgte, fiel der VW–Kurs binnen weniger Minuten von 348 auf 331 DM, am entscheidenden Mittwoch insgesamt um 24 DM. Die Börsianerregel „buy if bad news“ (kaufe bei schlechten Nachrichten) könnte sich jetzt bei VW–Aktien als besonders lukrativ herausstellen. Mittelfristig kann der Kurs eigentlich nur steigen. Der simple Grund: Bundesfinanzminister Stoltenberg will sich vom 16prozentigen VW– Anteil des Bundes trennen, und da wird sich der finanzkräftige Aktionär etwas zur Kurspflege einfallen lassen. Ursprünglich sollte er noch in diesem Jahr vollzogen werden, in der Bildzeitung spekulierte Stoltenberg inzwischen offen darüber, ob der Termin noch eingehalten werden kann. Von einem Aktienunglück ist selten einer allein betroffen: mit in den Strudel gerissen wurden die Werte der Banken (insbesondere der Dresdner (VW–Hausbank) und die anderen Autotitel (insbesondere Daimler, bei denen möglicherweise Ähnliches droht: Um 18 DM am „schwarzen Mittwoch“). ulk
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