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Agrosprit-Klimabilanz unklarEin Fünftel nicht aus Europa

Deutschland importierte 2010 bis zu 20 Prozent seiner Kraftstoffe auf Pflanzenbasis aus dem nichteuropäischen Ausland – auch aus Staaten wie Brasilien, die Regenwald roden.

Demonstration gegen Agrosprit anlässlich des "Benzingipfels" im Wirtschaftsministerium. Bild: dpa

BERLIN taz | 15 bis 20 Prozent der Rohstoffe für den deutschen Agrospritverbrauch kamen vergangenes Jahr von außerhalb Europas. Diese Schätzung nannte ein Sprecher von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Donnerstag auf Anfrage der taz.

Umweltschützer kritisieren, dass ein Teil des Kraftstoffs auf Pflanzenbasis von Staaten geliefert wird, die für die Landwirtschaft Wald roden. Bei der Rodung werden große Mengen Treibhausgas frei, so dass die Klimabilanz von Agrosprit schlechter als die von Sprit aus Erdöl ausfällt. Kraftstoff etwa aus Getreide ist zu 10 Prozent in der neuen Spritsorte Super E10 enthalten, deren schleppende Einführung seit Anfang des Jahres eine Agrospritdebatte entfacht hat.

2011 werde die Importquote von Agrokraftstoffen von außerhalb Europas wohl zurückgehen und "weit unter 10 Prozent" liegen, sagte Frank Brühning, Sprecher beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Denn seit dem 1. Januar müssen alle Agrotreibstoffe nach der deutschen Nachhaltigkeitsverordnung zertifiziert sein. Sie lässt nur Ware zu, die umweltfreundlich produziert sein soll. Doch bisher haben sich laut VDB kaum Hersteller beispielsweise aus Brasilien oder den USA zertifizieren lassen. "Das wird sich ändern, so dass 2012 sicherlich wieder mehr aus Übersee kommen wird", erklärte Brühning.

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Ob Ihr Auto den Agrosprit E10 verträgt, können Sie in einer

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Umweltorganisationen wie der BUND halten die Zertifizierung für mangelhaft. Zwar sei es tatsächlich verboten, für die Agrospritfelder Wald abzuholzen und so das Treibhausgas CO2 freizusetzen. Aber wenn der Anbau ausgeweitet werde, verdrängten Energiepflanzen die Erzeugung von Futter- und Lebensmitteln, so dass diese auf gerodete Flächen ausweiche.

Der meiste Agrokraftstoff in Deutschland wurde für Dieselmotoren produziert. Für diese Variante importierte die Bundesrepublik der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (Ufop) zufolge aus Übersee vor allem Sojaöl. Der Geschäftsführer der Wirtschaftsorganisation, Norbert Heim, schätzte, dass das meiste davon aus den USA, Argentinien und Brasilien kam. 15 bis 20 Prozent der Rohstoffe für den deutschen Agrodieselverbrauch stammten von außerhalb der Europäischen Union.

Für Motorenbenzin wurde laut Umweltbundesamt Ethanol auf Zuckerrohrbasis aus Übersee eingeführt. Der Anteil betrage rund 10 Prozent. Wichtigster Produzent ist das Regenwaldland Brasilien.

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6 Kommentare

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  • T
    tiger

    Mensch könnte die Biospritproduzenten dazu verpflichten, ausschließlich auf Jatropha basierendes E10 - Exx herzustellen. Das ließe sich in der Wüste anbauen, heißt es doch - und damit würden wir auch unseren neuen nordafrikanischen Feunden helfen. Aber wer will das?

  • D
    Dinkelhans

    20 Prozent aus ... Staaten wie Brasilien die den Regenwald roden.

    Wenn die Devise des ´Bund Naturschutz in Deutschland´

    "Nachaltigkeit ist Gerechtigkeit" weiterhin ernst genommen werden soll, so erfordert der Anspruch

    auf Gerechtigkeit daß man die Flächen auf denen Biosprit angebaut werden soll, auf dem Territorium

    gerodet werden, auf dem der so gewonnene Sprit verbraucht wird.

    Roden Sie mal in Deutschland heute 50.000 Quadratkilometer Urwald! Packen Sie´s an!

  • DD
    Der Drucker

    Wann wird endlich diese unseelige CO²-Behauptung bezüglich Klimaschädigung auf der Müllkippe der Geschichte entsorgt. Wenn man eine Lüge auf einer anderen aufbaut, werden beide auch nicht zur Wahrheit.

  • D
    David

    In Brasilien wird bereits auf 9 Millionen Hektar Zuckerrohr angebaut. Gleichzeitig verringert sich die Fläche zum Anbau von Bohnen und Reis, den Hauptnahrungsmitteln in Brasilien, jährlich um 10 Prozent.

     

    Die Lebensmittelindustrie schlägt mittlerweile Alarm. Der Agrosprit verdrängt den herkömmlichen Anbau und lässt die Preise für Nahrungsmittel steigen. Aktuell ist der Nahrungsmittelpreis-Index der Vereinten Nationen schon auf dem höchsten Stand seit 21 Jahren.

     

    http://www.regenwald.org/mailalert/677/e10-und-sogenannten-biodiesel-sofort-stoppen

  • T
    Telefonmann

    Dieser Agrosprit ist mal wieder symptomatisch für die lobbyistische "Arbeit" und skrupellose Klientelpolitik der Regierung.

     

    Sparsamere Autos für die Übergangsphase, neue Hybridkonzepte und schließlich hocheffiziente Batterie- und Elektromotorentechnik, gespeist durch eine nachhaltig massive Investition in regenerative Energien - so muss die Marschroute lauten. Dann klappt's auch langfristig mit der Energieautonomie.

     

    E10 aber ist einfach nur absurd!

  • G
    grundgesetz

    "Ein Fünftel nicht aus Europa"

     

    Das ist der eigentliche Skandal. Wir brauchen ausländische Kraftstoffe auf Pflanzenbasis. Viel mehr als inländisches oder europäisches.

     

    Wir müssen ausländische Fach-Kraftstoffe auf Pflanzenbasis an den Zapfsäulen integrieren. Sonst werden wir alle untergehen.

     

    Es ist diskriminierend, dass nur ein Fünftel aus dem nicht europäischen Ausland kommt. Es sollten 50% sein, sonst liegt eine Diskriminierung vor. Das liegt vermutlich an Euro-Nazi-Tankstellenbetreibern.

     

    Wann und wo findet die erste Menschenkette statt? Ich bin dabei!