Agrar- und Energiekonzern in der Krise: Baywa vereinbart Rettungsplan
Der Konzern Baywa ist für viele Landwirte ein wichtiger Zulieferer, steckt aber in der Krise. Opfer der Sanierung wird wohl die Erneuerbaren-Sparte.
Die Baywa veröffentlichte in der Nacht eine Börsenpflichtmitteilung. Die Sanierungsvereinbarung soll bis spätestens Ende April 2025 rechtsverbindlich abgeschlossen sein, einschließlich einer Neuordnung der Finanzierung. Auf dem Konzern lasten Milliarden-Schulden, Erblast einer rapiden Expansion auf Pump.
Die aus der Genossenschaftsbewegung hervorgegangene Baywa ist der größte deutsche Agrarhändler. Der Konzern spielt eine wichtige Rolle für die Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung im Süden und Osten Deutschlands. Außerdem ist das 101 Jahre alte Unternehmen in der Bau- und Energiebranche als Dienstleister und Händler tätig.
Als die Finanzprobleme der Baywa bekannt wurden, sorgten sich vor allem Landwirt*innen. Einige von ihnen haben Flächen für Solarparks an das Unternehmen verpachtet und fürchten ausbleibende Pachtzahlungen. Bei der Versorgung mit landwirtschaftlichen Produktionsmitteln wie Saatgut, Maschinen und Dünger sind die Bauern außerdem oft auf den Konzern angewiesen.
Großaktionäre unterstützen Sanierung
Ein Bestandteil des Sanierungskonzepts ist die Ausgabe neuer Aktien. Für das nächste Jahr ist eine Kapitalerhöhung um 150 Millionen Euro geplant, bei der die Großaktionäre mitziehen wollen. Die BayWa bestätigte damit Informationen von Reuters. Allerdings muss die Hauptversammlung vorher noch zustimmen.
Die Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs-AG (BRB) und die österreichische Raiffeisen Agrar Invest garantieren, dass die BayWa die neuen Aktien losbekommt. Großaktionäre und die Banken hatten den hochverschuldeten Konzern schon in den vergangenen Monaten mit gut einer Milliarde Euro gestützt.
Es beginnt auch die erwartete Verkleinerung der Baywa: Bis Ende März will das Unternehmen seinen knapp 48-prozentigen Anteil an der Raiffeisen Ware Austria (RWA) für 176 Millionen Euro verkaufen, dem österreichischen Pendant der Baywa. Bisher sind die Unternehmen in einer verschachtelten Konstruktion über Kreuz aneinander beteiligt.
Anfang Dezember hatte die Baywa Stellenabbau in größerem Maßstab angekündigt: Von den 8.000 Vollzeitstellen der Muttergesellschaft Baywa AG sollen 1.300 gestrichen werden, das entspricht 16 Prozent der Vollzeit-Arbeitsplätze des Konzerns in Deutschland. Weltweit beschäftigt die in 60 Ländern vertretene Baywa über 23.000 Menschen.
Wind- und Solarstrom-Tochter soll verkauft werden
Auch die Auslandsbelegschaft wird wegen der angekündigten Verkäufe von Unternehmensteilen schrumpfen. Die Baywa hatte Anfang Dezember auch angekündigt, wesentliche Beteiligungen verkaufen zu wollen.
Die wichtigsten Beteiligungen neben der RWA sind der neuseeländische Apfelproduzent Turners & Growers, die niederländische Agrarhandelsgesellschaft Cefetra und die auf Planung und Bau von Wind- und Solarparks spezialisierte Baywa r.e. Mit dem Verkauf der übrigen Anteile an der Energie-Tochter BayWa r.e. will man sich bis 2027 Zeit lassen, weil das Geschäft zurzeit lahmt.
Das Geschäft mit Erneuerbaren Energien und die Beteiligungen an Cefetra und T&G hatte die Baywa erst im Laufe des vergangenen Jahrzehnts aufgebaut beziehungsweise gekauft. Die Schulden aus dieser kreditfinanzierten Expansion haben sich zum Mühlstein für das Unternehmen entwickelt.
Im September 2025 wäre ein Kredit von bis zu zwei Milliarden Euro fällig geworden. Abgesehen davon führte der vom Management nicht erwartete rapide Anstieg der Kreditzinsen, mit dem Zentralbanken die Inflation bekämpfen wollen, seit 2022 zu einer Verdreifachung der jährlich fälligen Zinszahlungen. In den ersten neun Monaten 2024 schrieb die Baywa einen Nettoverlust von knapp 641 Millionen Euro.
Bis spätestens Ende April sollen neue Finanzierungsverträge für die Zeit bis zur erhofften finanziellen Gesundung im Jahr 2027 abgeschlossen werden. Laut Baywa unterstützen „nahezu alle der rund 300 Finanzgläubiger“ die Sanierungsbemühungen, wie das Unternehmen am Samstag in einer ergänzenden Pressemitteilung mitteilte.
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