Agenturchef über Reisen für Kuscheltiere: „Der Teddy als Stellvertreter“
Karsten Morschett und Thomas Vetsch gehen mit Kuscheltieren auf Sightseeing-Tour durch Berlin. Bald feiert ihre Agentur „Teddy Tour Berlin“ 10-jähriges Bestehen.
taz: Herr Morschett, Ihre Agentur nimmt urlaubsreife Kuscheltiere entgegen und macht mit ihnen eine Stadttour durch Berlin. Wie kamen Sie auf die Idee?
Karsten Morschett: Ich war mit meinem Kumpel Thomas Vetsch auf der Suche nach einem originellen Geburtstagsgeschenk für einen Freund von uns. Als wir erfuhren, dass er gerne mit seinem Teddybär einkaufen geht, haben wir den Teddy kurzerhand "entführt" und sind mit ihm durch Berlin gezogen. Dabei schossen wir viele Fotos, welche wir dann dem Besitzer zum Geburtstag schenkten. Kurz darauf bekamen wir viele Anfragen von Teddybärbesitzern, ob wir nicht auch mal mit deren Kuscheltieren durch Berlin ziehen wollten. So fing alles an.
Und warum will jemand sein Kuscheltier in die Ferien nach Berlin schicken?
Man kann grob drei verschiedene Kunden unterscheiden: Die ersten machen es aufgrund des Spaß-Faktors oder als Geschenkidee für Freunde. Die zweiten können aus unterschiedlichen Gründen selbst nicht reisen und schicken den Teddy als Stellvertreter. Die dritten schließlich haben eine besonders emotionale Bindung zu ihrem Kuscheltier und wollen ihrem treuen Gefährten damit Dankbarkeit zeigen. Wir nehmen das auch sehr ernst, einer hat schon mal gedroht, uns umzubringen, wenn seinem Stofftier etwas zustößt. Das Tier war auch schon über 60 Jahre alt.
Wie muss man sich eine Stadttour für Kuscheltiere vorstellen?
Es gibt unterschiedliche. Die längste dauert einen ganzen Tag. An dem packen wir die Stofftiere in einen Fahrradanhänger - die Tour soll schließlich umweltfreundlich sein - und besichtigen Sehenswürdigkeiten in Berlin. Den Abschluss des Tages bildet ein Berliner Picknick im Tiergarten mit Bouletten, Schrippen und Weisswein. Das essen natürlich die Tiere. Dazu muss der Besitzer vor der Reise Angaben zum Ess- und Trinkverhalten des Tieres machen. Wir sind auch auf Veganer und Nicht-Trinker eingestellt.
Bei uns sind alle willkommen, egal welches Geschlecht und welche Hautfarbe. Nebst Teddys hatten wir auch schon viele reiselustige Frösche, eine Holzente aus England oder gar eine Barbie-Puppe aus Australien. Eine ausgebildete Physiotherapeutin sorgt für gelegentliche Massagen. Am Ende des Tages erstellen wir ein Fotoalbum und schicken es zusammen mit dem Kuscheltier an die Besitzer zurück.
Von welchem Land kommen die meisten Anfragen?
42, ist Schauspieler, Regisseur und Gründer von Teddy-Tour-Berlin.
Von überall auf der Welt, ganz vorne liegen die Schweizer. Aber auch Skandinavische Kuscheltiere kommen gerne, ab und zu auch welche aus Australien. Ich bin der Meinung, dass die Beliebtheit der Idee viel über das Humorverständnis eines Landes aussagt.
Und warum machen Sie das?
Ich mag einfach schräge Ideen. Und ich mag es, schräge Ideen umzusetzen. Außerdem geht ein Teil der Einnahmen an den Verein Nestwärme, der Kinder mit einer Behinderung unterstützt. Mein Hauptberuf ist Schauspieler, aber die Teddy-Tours mit Thomas Vetsch sind mein Herzblut und machen vor allem auch großen Spaß.
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