Afrikanische Union schont Simbabwes Präsident: Mugabe kommt wieder davon
Die Afrikanische Union zieht aus ihrer Kritik an Simbabwes Diktator keine Konsequenzen. Sie instrumentalisiert Mugabe gegen Europa, dessen Druck kontraproduktiv erscheint.
Der Gipfel der Afrikanischen Union (AU) ist zu Ende, Robert Mugabe kann aufatmen. Simbabwes umstrittener Präsident ist im ägyptischen Scharm al-Scheich einer Verurteilung durch seine afrikanischen Amtskollegen entgangen. Die AU beschloss am Dienstagabend lediglich, angesichts "der Bereitschaft der politischen Führer von Simbabwe, Verhandlungen über die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit aufzunehmen", dieses Ziel sowie die Vermittlungsbemühungen der Regionalgemeinschaft SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) zu unterstützen.
Die Bereitschaft der Politiker Simbabwes zur Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit tendiert in Wirklichkeit gegen null, und die bisherigen SADC-Vermittlungsbemühungen unter Leitung des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki haben nichts gebracht. Die Schwäche des Beschlusses kontrastiert auf seltsame Weise mit der Heftigkeit der vorangegangenen Kritik in der Resolution: Sie betont die "negativen Berichte" afrikanischer Wahlbeobachter über Simbabwes Stichwahl am 27. Juni und "die Notwendigkeit der Schaffung einer der Demokratie und der Entwicklung des simbabwischen Volkes förderlichen Atmosphäre". Nur zieht sie daraus keine Konsequenz.
Politisch scheint jetzt alles festgefahren. Simbabwes Präsident Robert Mugabe ist gesprächsbereit, aber nicht über eine gemeinsame Regierung mit der Opposition, sondern "zur Minimierung unserer Differenzen", wie die staatliche Tageszeitung The Herald gestern unter der typisch irreführenden Schlagzeile "MDC zu Gesprächen bereit" meldete. Die MDC ihrerseits ist in Wirklichkeit nicht zu Gesprächen bereit, außer wenn am Schluss eine Regierung unter ihrer Führung herauskommt, was völlig unrealistisch ist.
Vor dem AU-Gipfel hatte es die Forderung gegeben, die panafrikanische Organisation möge dem südafrikanischen Präsidenten einen eigenen Vermittler an die Seite stellen. Davon ist in der Abschlusserklärung keine Rede mehr. Es findet sich auch keine Spur von einer angeblichen SADC-Forderung, Simbabwes AU-Mitgliedschaft zu suspendieren. Die von Ländern wie Nigeria, Senegal und sogar Simbabwes Nachbarn Botswana während des Gipfels geäußerte harte Kritik an Mugabe bleibt folgenlos.
Dieses Ergebnis schwächt die AU, mehr aber noch den Rest der Welt. Die EU, die G-8-Länder und der UN-Generalsekretär haben zwar allesamt Mugabes Wahl nicht anerkannt, und zum Teil fordern sie explizit die Anerkennung des Oppositionsführers Morgan Tsvangirai als legitimen Präsidenten und Sanktionen gegen Mugabe. Druckmittel haben sie aber nicht. Auch Sanktionen, deren Verabschiedung durch die UNO ohnehin unwahrscheinlich ist, wären zur Umsetzung auf die Kooperation der afrikanischen Nachbarn Simbabwes angewiesen, vor allem eben Südafrikas.
Es ist sogar möglich, dass der erhebliche verbale Druck aus Europa die Afrikaner eher noch dazu bringt, sich schützend vor Mugabe zu stellen. Europa komme Afrika ja schließlich auch nicht entgegen, was Forderungen nach Abbau von Handels- und Zuwanderungsschranken oder die Erfüllung der eigenen Versprechungen in der Entwicklungshilfe angeht - das ist dieser Tage ein gern gebrauchtes afrikanisches Gegenargument.
Jahrelang hat Mugabe Afrika instrumentalisiert, um schwarze Solidarität gegenüber weißen Imperialisten zu reklamieren. Jetzt instrumentalisiert Afrika Mugabe als Faustpfand gegenüber Europa. Für Simbabwes Gewaltopfer interessiert sich die AU dabei ungefähr so sehr wie die EU für die Opfer der europäischen Flüchtlingspolitik.
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