Afrikanische Flüchtlinge in Israel: Marsch auf Jerusalem
Mit einem Marsch zur Knesset protestieren afrikanische Flüchtlinge gegen ihre unmenschliche Behandlung. Am Ende ließen sie sich traurig abführen.
JERUSALEM taz | Mit ihrer Verhaftung ist am Dienstag die dreitägige Odyssee von rund 180 afrikanischen Flüchtlingen in Israel zu Ende gegangen. Am Sonntagmorgen hatten sich die Männer aus dem Abschiebelager Cholot im Süden Israels zu Fuß auf den Weg nach Jerusalem gemacht.
Völlig erschöpft erreichten sie schließlich am Dienstag die Knesset. „Gefährdet – nicht gefährlich“ und: „Für Freiheit und Menschlichkeit“ stand auf ihren provisorischen Plakaten. Zu Widerstand gegen die Sicherheitsleute kam es nicht. Traurig und störrisch ließen sich die Männer abführen.
Israels Behörden tun sich schwer mit den Flüchtlingen, die in den vergangenen Jahren via Ägypten zumeist aus dem Sudan und Eritrea ins Land strömten. Rund 60.000 Afrikaner leben in Israel ohne Asylstatus und ohne Arbeitsgenehmigung. Um dem Unmut von Anwohnern vor allem im Süden Tel Avivs entgegenzuwirken, ließ die Regierung ein Lager errichten, in dem haftähnliche Bedingungen bestehen. Tagsüber sind die Tore zwar offen, doch die Insassen müssen sich dreimal täglich melden.
Brahane Brahi will nicht mehr ins Lager zurück. Dem 29-jährigen Eritreer gelang vor sieben Jahren die Flucht aus seiner von Kriegen geplagten Heimat nach Israel. Von der Polizei weitgehend unbehelligt, schlug er sich zunächst in Tel Aviv durch, bis ihn die Behörden im letzten Jahr doch nach Saharonim brachten, dem Gefängnis für Flüchtlinge im Negev.
Anfang der Woche wurden die Insassen aufgrund einer Gerichtsentscheidung in das „offene Lager“ Cholot verlegt. „Ein Gefängnis ist ein Gefängnis“, sagt Brahi, und da gehörten sie nicht hin. „Wir sind keine Kriminellen“, sagt er. „Alles, was wir wollen, ist Freiheit und Arbeit.“
Die erste Nacht seit Beginn ihres Protestmarsches verbrachten die Flüchtlinge auf dem Busbahnhof in Beerscheva, in der Nacht drauf blieben sie in einem Kibbuz. „Die Leute helfen uns“, sagt Brahi. Organisationen und Privatleute bringen ihnen Nahrungsmittel. „Ihr seid nicht allein“, ruft Moran Mokamel von den „Studenten für Flüchtlinge“ ins Mikrofon. Ihre Großmutter sei einst illegal als Flüchtling nach Palästina gekommen, erzählt sie.
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