Afghanistan im Dialog mit Taliban: Vage Leitlinien für einen Frieden
Die Afghanische Dialogkonferenz mit den Taliban endete überraschend mit einer gemeinsamen Erklärung. Bindend ist sie nicht – doch es gibt Hoffnung.
Am Ende gab es Geschenke. Mullah Baradar, Taliban-Chefunterhändler mit den USA, schickte Datteln, Parfüm und für die Frauen Kopftücher. Zuvor bekundeten die 62 Teilnehmer des Afghanistan-Dialogtreffens in Katar am späten Montagabend in einer gemeinsamen Resolution ihre Absicht, die Gewalt im Land zu reduzieren, keine öffentliche Einrichtungen anzugreifen und die Zahl der zivilen Kriegsopfer „auf null“ zu senken. Zudem sollen sie Gefangene freilassen und aufhören, sich gegenseitig als „Terroristen“ oder „Marionettenregierung“ zu beschimpfen.
Auch wenn alle Beteiligten – darunter Taliban und Regierungsmitglieder aus Kabul – als Privatpersonen geladen waren, war klar, dass sie für ihre jeweiligen Kriegsparteien sprachen. Bindend ist ihre Erklärung nicht. Die Zivilopferklausel wird in der persischen Version des Dokuments noch einmal dadurch eingeschränkt, dass es heißt, dies solle „versucht“ werden. Zudem gibt es Schutz nur für zivile Bildungseinrichtungen.
Die Taliban könnten also weiter Ausbildungszentren von Armee und Polizei attackieren. Angriffe auf nicht direkt am Kampf Beteiligte sind Kriegsverbrechen. Das gilt auch für die Regierungs- und US-Truppen, die im ersten Quartal laut UN bei Attacken und Luftangriffen erstmals mehr Zivilisten töteten als Taliban und „Islamischer Staat“ (IS) zusammen. Erst in der Nacht zu Dienstag wurden in Baghlan sieben Mitglieder einer Familie durch einen Luftschlag der Regierungsarmee getötet.
In der Erklärung nicht enthalten sind der in US-Taliban-Gesprächen separat verhandelte Abzug der ausländischen Truppen, ein Waffenstillstand und Afghanistans bestehende internationale Verpflichtungen. Das wurde als Absage der Taliban an verbriefte Frauenrechte gewertet, könnte sich aber auch auf das Sicherheitsabkommen mit den USA beziehen – eine Hintertür für eine Weiterstationierung von US-Truppen zur „Terrorismusbekämpfung“, wie sie Präsident Donald Trump befürwortet. Die Gespräche sollen fortgesetzt werden, laut deutschem Chefvermittler Markus Potzel „in Usbekistan oder Europa“.
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