Afghanistan-Einsatz teurer als vermutet: Die verballerten Milliarden
Der Krieg ist Afghanistan kostet viel mehr, als offiziell angegeben wird, sagt das DIW. Jedes weitere Jahr koste demnach "zusätzliche 2,5 bis 3 Milliarden".
BERLIN taz | Im Februar wurden die Kosten des Afghanistan-Mandats erneut um 270 Millionen Euro aufgestockt. Die offiziellen Militärausgaben im laufenden Jahr werden mit knapp einer Milliarde Euro veranschlagt, dem Doppelten von 2009. Dennoch spielt die Kostenfrage in der Afghanistan-Debatte eine untergeordnete Rolle. Zu Unrecht, wie die Forscher des Berliner Wirtschaftsforschungsinstituts DIW meinen.
Einer neuen Studie des DIW zufolge betragen die wahren Kosten des Krieges allein in diesem Jahr etwa zwei Milliarden Euro. Jedes weitere Jahr, so schreiben die Autoren, koste "zusätzliche 2,5 bis 3 Milliarden Euro". Nur 39 Prozent der staatlichen Ausgaben würden offiziell ausgewiesen. Dies sei "eine provisorische Schätzung". Auch sei der potenzielle Nutzen des Einsatzes nicht gegengerechnet worden, schreiben sie in der Studie, die zuerst dem Manager Magazin vorlag.
Ein wichtiger Grund, warum das DIW auf so viel höhere Kosten kommt als das Verteidigungsministerium, ist der unterschiedliche Umgang mit der Besoldung. Das Ministerium veranschlagt nur die Kosten für den Auslandszuschlag, der 110 Euro pro Kopf und Tag beträgt. Das Argument: Ihren Grundsold bekämen die Soldaten ja hier wie dort. Die DIW-Forscher finden das "jedoch nicht realistisch" und berechnen den gesamten Sold. Sie unterstellen indirekt, dass ohne den Afghanistankrieg die Truppe insgesamt kleiner wäre. Die Ausrüstung veranschlagen die Forscher dagegen nicht, da Tornados, Panzer und so weiter wohl "auch ohne den Konflikt gekauft worden wären". Sie rechnen aber mit einer Wertminderung von 150 Millionen Euro für 2010.
Die medizinischen Kosten spielen etwa in der US-Kriegsdebatte eine enorme Rolle, beim DIW angesichts relativ geringer deutscher Fallzahlen dagegen nicht - noch jedenfalls. Das DIW geht von 4,2 Prozent seelisch oder körperlich erkrankten Soldaten aus, von denen etwa jeder achte behindert bleibt. Ein Menschenleben - also etwa die Produktivitätseinbußen durch einen Verletzungs- oder Todesfall - hat beim DIW einen Wert von 2,05 Millionen Euro.
Im "realistisch" genannten Szenario, wonach der Abzug bis 2016 stattfindet, veranschlagt das DIW die Gesamtkosten des Krieges mit etwa 24 Milliarden Euro.
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