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Affäre um Sebastian EdathySPD-Politiker erhielt Morddrohungen

Mehrfach hätten sich Unbekannte telefonisch gemeldet, so Edathy gegenüber dem „Spiegel“. Deswegen bleibe er vorerst im Ausland. Die Linke fordert einen Sonderermittler.

Will sich zum Verschwinden seines Laptops nicht äußern: Sebastian Edathy. Bild: dpa

BERLIN afp | Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy hat nach eigenen Angaben mehrere Morddrohungen erhalten. Deswegen könne er derzeit weder nach Berlin noch in seine niedersächsische Heimat zurückkehren, sagte Edathy dem Magazin Spiegel. Die Morddrohungen habe er telefonisch erhalten, zitierte der Spiegel weiter den SPD-Politiker, gegen den wegen des Verdachts auf den Besitz kinderpornografischen Materials ermittelt wird.

Edathy wies im Spiegel Spekulationen zurück, er sei über den Brief der Staatsanwaltschaft an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), in dem es um die Aufhebung seiner Immunität ging, vorab informiert worden. Der Brief war aus bislang nicht vollständig geklärten Gründen erst nach knapp einer Woche mit geöffnetem Umschlag bei Lammert eingetroffen. Edathy hatte an dem Tag, an dem das Schreiben versandt wurde, notariell den Verzicht auf sein Bundestagsmandat erklärt.

„Die Behauptung, ich hätte Kenntnis gehabt von dem Schreiben der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung meiner Immunität und wäre deshalb schnell zum Notar gelaufen, ist evidenter Unfug“, sagte Edathy dazu dem Spiegel. Vielmehr sei der Notartermin schon vorher anberaumt gewesen. „Die zeitliche Nähe zum Brief der Staatsanwaltschaft“ war laut Edathy „reiner Zufall“. Nicht äußern wollte sich der SPD-Politiker laut Spiegel zum Verschwinden seines Dienst-Laptops, auf dem Ermittler Spuren kinderpornografischen Materials vermuten.

Kipping ist mit Aufklärung unzufrieden

Unterdessen fordert die Linkspartei die Einsetzung eines Sonderermittlers, um die Aufklärung in der Affäre um Edathy voranzutreiben. Noch immer seien zentrale Fragen unbeantwortet, sagte Parteichefin Katja Kipping der Rheinischen Post vom Samstag. Mehrere Politiker forderten erneut schärfere Vorschriften zum Schutz vor Kinderpornografie.

Ihre Partei sei mit dem bisher erreichten Stand der Aufklärung im Fall Edathy „sehr unzufrieden“, sagte Kipping weiter. Erforderlich sei daher ein Sonderermittler, „der zumindest die im Raum stehenden Rechtsbrüche zweifelsfrei aufklärt“.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), kritisierte erneut die Weigerung der niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne), dem Ausschuss am vergangenen Freitag Rede und Antwort zu stehen. Bosbach kündigte in der Mitteldeutschen Zeitung vom Samstag an, er werde die Ministerin für die nächste Ausschusssitzung erneut einladen.

Mehrere Politiker der Union warfen SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wegen seines Umgangs mit der Edathy-Affäre Überheblichkeit vor. „Etwas mehr Demut würde ich schon erwarten“, sagte die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, der Neuen Osnabrücker Zeitung.

„Mehr Demut und Zurückhaltung“ von Oppermann forderte in der Welt am Sonntag auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Der SPD-Chef sehe sich zwar selbst „als Stabilitätsanker der Koalition“, sei jedoch „eher eine Boje, die auf dem Wasser wild hin und her schaukelt“.

Oppermann hatte bekannt gemacht, dass der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die SPD-Spitze im vergangenen Oktober über Verdachtsmomente gegen Edathy informiert hatte. Dies hatte vor gut einer Woche zum Rücktritt Friedrichs als Landwirtschaftsminister geführt. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) wertete den gesamten Vorgang im Tagesspiegel am Sonntag als Belastung für die Arbeit der Bundesregierung.

Ermittlungsverfahren gegen Friedrich geplant

Die Berliner Staatsanwaltschaft plant nach einem Bericht der Welt am Sonntag ein Ermittlungsverfahren gegen Friedrich. Das Blatt berief sich auf Informationen aus Regierungskreisen. Die Behörde selbst wollte dazu allerdings nicht Stellung nehmen. Friedrich wird wegen der Weitergabe interner Informationen zu Edathy Geheimnisverrat vorgeworfen.

Kritik am Vorgehen der Staatsanwaltschaft im Fall Edathy übte Unions-Fraktionschef Volker Kauder. „Durchstechereien mit der Folge, dass ganze Ermittlungsakten veröffentlicht werden, stärken mein Vertrauen in den Rechtsstaat nicht“, sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post. Es dürfe keine öffentlichen Vorverurteilungen geben.

Kauder sprach sich auch dafür aus, den gewerbsmäßigen Umgang mit Fotos nackter Kinder zu verbieten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) auf, die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Kinderpornografie sofort umzusetzen. Darin sei klar formuliert, welche Darstellungen unbekleideter Kinder nicht mehr toleriert werden könnten, sagte Herrmann der Passauer Neuen Presse.

Auch der SPD-Rechtsexperte Burkhard Lischka nannte im Magazin Focus eine Verschärfung der Gesetze gegen Kinderpornografie „längst überfällig“. Dagegen warnte die Grünen-Politikerin Renate Künast vor einem „politischen Schnellschuss“. Zwar seien Handelsverbote sinnvoll, doch müsse es Abgrenzungen beispielsweise im Bereich der Kunst geben.

Mehrheit für Edathy-Ausschluss

Die Mehrheit der wahlberechtigten Deutschen unterstützt einem Zeitungsbericht zufolge einen Ausschluss des früheren Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy aus der SPD. Nach der Umfrage des Instituts Emnid für die Bild am Sonntag sind 60 Prozent der Bundesbürger und 65 Prozent der SPD-Anhänger dafür, den wegen Kinderpornografie-Ermittlungen in der Kritik stehenden Politiker auszuschließen. Demnach sind 20 Prozent der Wähler und 22 Prozent der SPD-Wähler dagegen.

Der Bundesvorstand der SPD hatte am Montag in Berlin einstimmig beschlossen, Edathys Mitgliedsrechte ruhen zu lassen. Dem könnte sich ein formales Verfahren anschließen, an dessen Ende Edathys Parteiausschluss steht. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte sich zuvor deutlich von Edathy distanziert.

Der Fall Edathy hatte eine Vertrauenskrise in der großen Koalition ausgelöst. Der einstige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) musste von seinem Amt des Agrarministers zurücktreten, weil er Gabriel über Verdachtsmomente gegen Edathy im Zusammenhang mit Kinderpornografie informiert hatte.

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7 Kommentare

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  • D
    D.J.

    @Bernd Goldammer,

     

    bedenken Sie das Ockham'sche Rasiermesser. Für Sie vereinfacht: Die Dinge sind in der Mehrzahl so wie sie scheinen. Zumal Herr E. eingeräumt hat, Bilder bei der Firma gekauft zu haben. Wenn Sie meine Kommentare verfolgen, wissen Sie, welch Abneigung ich gegen jegliche Art von Selbstgerechtigkeit habe, die ihrerseits den Mob gebiert. Aber eben auch gegen jegliche Art von Irrationalität. Was dann (gleichermaßen rechte und linke) Verschwörungstheoretiker beträfe.

  • H
    Herodot

    Hier gibt es in der Tat nur Opfer. Sebastian Edathy ernst zu nehmen heisst letztlich auch, das, was er getan hat nicht herunterzuspielen. Auch den Teil davon nicht, der eventuell "legal" im juristischen Sinne ist.

     

    Und vielleicht sollte man anstatt von Verschärfung mal lieber von Präzisierung im Hinblick auf die Gesetzeslage reden.

     

    Um aber eine gewünschte Präzisierung bei der Unterscheidung zwischen harmlosen und menschenverachtenden Kinderbilder zu gewährleisten, muss die Personaldichte bei den ermittelnden Behörden zureichend sein. Schon der vorliegende Fall wäre gar nicht so eskaliert, wenn zügiger ermittelt worden wäre, das ist jedenfalls die unisono vorgetragene Annahme in allen Stellungnahmen.

     

    Ich bin der Überzeugung, dass es am Ende, so oder so, auch hilfreich für Edathy gewesen wäre, wäre schneller ermittelt worden. Vor allem der öffentliche Pranger wäre ihm vielleicht erspart geblieben.

  • Edathy hat sich mit den deutschen Geheimdiensten angelegt. Wegen des Aufbaus des NSU. Das diese Geheimdienste nicht nur Verbrecherbanden aufbauen können, sondern auch Rufmord lostreten können, daran zweifle ich nicht. Ist doch klar, dass sich besonders Nazis jetzt ins Recht gesetzt sehen. Bevor ich irgendeinem Politiker oder den von ihnen karrieremäßig abhängenden Richtern oder Journalisten oder anderen Mitspielern, das geringste glaube, will ich eindeutige Beweise sehen. Computer kann man manipulieren. Der braune Mob ist den Geheimdiensten ist zu Vielem fähig, das er eigentlich nicht tun dürfte.

  • D
    D.J.

    @Gerd,

     

    Sie haben von Zivilisation und Rechtsstaat nichts, aber auch gar nichts begriffen. Hoffe, Sie gehören zu den 30% Nichtwählern.

  • K
    Kommentator

    Thilo "Kopftuchmädchen" Sarrazin darf in der sPD bleiben, aber Edathy soll rausgeschmissen werden? Warum? Hat das irgendetwas mit Politik zu tuen?

  • D
    D.J.

    Machen wir uns nichts vor. Dem Mob geht es nicht um die Sache, nicht um die Opfer. Der Anlass für den Mob, seine niedrigsten Instinkte auszuleben, ist beliebig austauschbar. Haupsache, man empfindet sich als etwas weitaus Besseres. Übrigens ein Grund, warum Historiker, die sich mit solchen Phänomenen auseinandersetzen, gute Nerven und Freunde brauchen.

     

    Wer besser vesrtehen will, lese z.B. Sofskys hervorragenden "Traktat über die Gewalt".

  • G
    Gerd

    Immer wieder zum K...: Der Täter geriert sich als Opfer - Schlage Edathy für den "Gäfgen-Preis" vor.