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Affäre um Limburger BistumLügen-Vorwurf gegen Bischof

Bischof Tebartz-van Elst sieht sich weiterhin schweren Vorwürfen ausgesetzt. Am Wochenende will er seine Sicht der Dinge darstellen.

Der Ärger wächst Franz-Peter Tebartz-van Elst über den Kopf. Bild: ap

LIMBURG/BERLIN dpa | Die Kritik am Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst reißt nicht ab: Nun wirft ihm der Sprecher des bischöflichen Vermögensverwaltungsrats, Jochen Riebel, Lüge vor. Als der Bischof im Juni gesagt habe, die Baukosten für seine Residenz betrügen knapp unter zehn Millionen, habe Tebartz-van Elst gelogen, sagte Riebel am Freitag der dpa und bestätigte damit einen Bericht von hr-info. Zu dem Zeitpunkt sei dem Bischof bekanntgewesen, dass diese Zahl nicht der Wahrheit entspreche.

Auch die Behauptung, es habe keine kostspieligen Sonderwünsche des Bischofs gegeben, sei gelogen. Die erhebliche Kostensteigerung gehe ausnahmslos auf dessen Wünsche zurück. Alleine die Wohnung des Bischofs habe laut den Unterlagen 2,9 Millionen Euro gekostet. Sein Wohnzimmer sei in der Planungsphase von 23 auf über 63 Quadratmeter angewachsen.

Doch statt seine Verantwortung einzuräumen, zeige der Bischof auf Mitarbeiter und den Vermögensverwaltungsrat: „Ich werfe ihm vor, dass er sich heute nicht hinstellt und sagt, jawohl, das ist alles auf meine Veranlassung geschehen und ich stehe dazu, sondern dass er wie ein Feigling auf andere zeigt.“ Er habe dem Bischof vertraut, sagte Riebel, das sei ein Irrtum gewesen.

Hart geht auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZDK) mit dem umstrittenen Oberhirten ins Gericht, der scheidende Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) forderte ihn auf, Konsequenzen aus den Vorgängen in seinem Bistum zu ziehen. Tebartz-van Elst steht wegen extremer Kostensteigerungen bei seinem neuen, für 31 Millionen Euro luxuriös ausgebauten Bischofssitz in der Kritik.

Zudem beantragte die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen ihn einen Strafbefehl wegen Falschaussage. An diesem Wochenende will sich der Bischof äußern.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Robert Zollitsch, will in wenigen Tagen mit Papst Franziskus über die Vorgänge sprechen. Der Erzbischof reist dazu an diesem Montag nach Rom, wie ein DBK-Sprecher am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Am Vortag hatte sich Zollitsch ungewöhnlich deutlich von Tebartz-van Elst distanziert. Über eine Amtsenthebung des Bischofs muss letztlich der Papst entscheiden.

Das Verhalten des Limburger Geistlichen schade der gesamten Glaubensgemeinschaft, kritisierte ZDK-Generalsekretär Stefan Vesper in der ARD. „Wegen dieser Affäre und wegen dieser Nachrichten von Prunk und Protz treten auch Menschen aus der Kirche aus in Hamburg oder in München.“ Die katholische Kirche sei für die schwachen, kranken und armen Menschen da. Mit solchen Schlagzeilen in Verbindung gebracht zu werden, schade aber allen: „Das ist nicht die katholische Kirche.“

Thierse, der dem Laiengremium ZDK angehört, ging den Limburger Oberhirten ebenfalls hart an: „Auch ein katholischer Bischof, obwohl vom Papst ernannt, bedarf des Vertrauens der Gläubigen seines Bistums“, sagte der SPD-Politiker der Welt (Freitag). Das Vertrauen sei offensichtlich so schwer erschüttert, „dass Bischof Tebartz-van Elst Konsequenzen ziehen sollte – um der Kirche willen, der er doch dienen soll und die nicht seine Pfründe ist“, sagte Thierse.

Blankes Entsetzen und große Verzweiflung

Der Sprecher des „Hofheimer Kreises“ von 20 kritischen Pfarrern, Ludwig Reichert, sagte der dpa, der Glaubwürdigkeitsverlust des Bischofs sei inzwischen so groß, dass alle der Meinung seien, er solle gehen. „Bei allen, mit denen ich spreche, herrscht unisono blankes Entsetzen und große Verzweiflung“, sagte der Caritas-Pfarrer. Er bezweifle, dass der Bischof von sich aus darum bitte, vom Amt entbunden zu werden. Daher sei es gut, wenn der Papst ihn anriefe und auffordere, dies zu tun.

Auf Forderungen nach einem Rücktritt ist der Bischof bislang nicht konkret eingegangen. In einem Bild-Interview hatte er am Donnerstag angekündigt, sich am Wochenende in einem Brief an die Gläubigen des Bistums zu wenden. Er wolle darin „manches klarstellen“.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte am Vortag einen Strafbefehl wegen Falschaussage gegen Tebartz-van Elst beantragt. Dem Bischof wird vorgeworfen, im Streit mit einem Journalisten im Zusammenhang mit einem Erste-Klasse-Flug nach Indien falsche eidesstattliche Erklärungen abgegeben zu haben. Die Staatsanwaltschaft Limburg prüft nach mehreren Anzeigen, ob sie ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue einleitet. Hintergrund ist die Explosion der Kosten für den neuen Bischofssitz.

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4 Kommentare

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  • D
    D.J.

    @Andreas Urstadt,

     

    so recht verstehe ich Ihr Insistieren auf die Wertsteigerung nicht. Schließlich handelt es sich um keine Immobilie, die später weiterverkauft werden soll. Was sollte auch eine andere Institution z.B. mit einer Privatkapelle anfangen sollen?

     

    Dass ich die Residenz architektonisch recht gelungen finde, tut hier nichts zur Sache.

     

    Im Übrigen habe ich den Verdacht, dass der Bischof ein gesundheitliches Problem hat. Der starre Blick spricht Bände.

  • AU
    Andreas Urstadt

    Mittlerweile sagten ein paar "Experten" Baurecht u Denkmalschutzbestimmungen seien nicht so wild gewesen. Das stimmt nicht. Traufhoehen, Volumina etc usw sind klar beschraenkt, will man aber trotzdem die Plaene umsetzen hat man das abgewogen und sich damit baurechtlich etc legal fuer hoehere Kosten entschieden. Die Kosten sind dann der Knackpunkt, alles andre machte man richtig.

     

    Weiter hat die Liegenschaft jetzt natuerlich einen viel hoeheren Wert. Da hat der Bischof recht. Das kann man sehr wohl gegenrechnen. Das muss die Kirche letztlich entscheiden, ob sie das annimmt. So sehr verpulvert wurde das Geld nicht.

     

    Da gibts ganz andere, Buergermeister usw und die bleiben alle schoen im Amt.

     

    Ich verteidige nicht den Bischof aber die objektiven Fakten. Unternehmerischen Mut hat er.

     

    Die Kirche haette diese vorhandene Geld niemals fuer Notleidende ausgegeben und das weiss auch der Pabst, der diese Haltung natuerlich aendern kann. Das gehoert aber dazu.

     

    Was der Bischof da gemacht hat, war gar nicht so dumm. Er war ziemlich mutig, die Liegenschaft hat eine deutliche Wertsteigerung. Scheinheilig alle die, welche den Bischof feuern wollen und dann die Liegenschaft nutzen.

  • JJ
    Ja, ja

    Warum wird auf einem einzigen Geistlichen rumgehackt?

    Warum nicht auch auf den AntraggenehmigerInnen innerhalb des Bistums?

    Warum nicht auf den BuchhalterInnen des Bistums?

    Warum nicht auf dem Gemeindekirchenrat?

    Fragen über Fragen.

    Offensichtlich soll ein bistumseigener Kritiker mundtot gemacht werden.

  • K
    Katholisch

    Herr Tebartz van Elst, treten Sie zurück. Das ist der einzige Weg.

    Sie lönnen nichts klar stellen, es sei denn, Sie haben immer noch nicht begriffen, dass die Zeiten der Fürstbischöfe lange vorbei sind. Niemand will Ihren Sermon lesen. Sie lügen, wenn Sie den Mund aufmachen. Wegen Ihnen verlässt das Volk die Kirche, denn genug ist genug. Das Volk ist wichtiger als ein machtgieriger und prunksüchtiger Mann, der - und das ist das schlimmste an allem - in keinster Weise Selbstkritik übt und nicht einmal dazu fähig ist. Der verstorbene Münsteraner Bischof Dr. Reinhard Lettmann würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was aus einem seiner Zöglinge geworden ist. Dr. Lettmann brauchte keine sündhaft teure Privatkapelle; er ging in den Dom wie alle anderen Menschen auch. Nehmen Sie Ihren Hut, aber schnell!