Affäre um Libeskind-Bau: Teuer bezahltes Prestigeprojekt
Die Staatsanwaltschaft Stade ermittelt gegen den Vizepräsidenten der Universität Lüneburg. Er soll Gelder für den Audimax-Neubau veruntreut haben.
HANNOVER taz | Der Libeskind-Bau der Leuphana-Universität Lüneburg beschäftigt die Justiz. Wegen Untreueverdachts wurde die zuständige Staatsanwaltschaft Stade mit einem Ermittlungsverfahren gegen den Uni-Vizepräsidenten Holm Keller betraut, teilt die Zentralstelle für Korruptionsstrafsachen der Staatsanwaltschaft Verden mit.
„Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Vorwurf der Untreue“ sehe man in einem vertraulichen Prüfbericht der EU-Antikorruptionsbehörde Olaf zu dem Audimax-Neubau, erklärt ein Sprecher. Ein Anfangsverdacht auf Korruptions- oder Wettbewerbsdelikte habe sich bei dem Projekt von Uni-Präsident Sascha Spoun und seinem Vize Keller aber nicht ergeben.
Die EU-Behörde hat laut Medienberichten bei ihrer Prüfung eine ganze Reihe möglicher Verletzungen von Vergaberichtlinien festgestellt. So erhielt Architekt Daniel Libeskind, einst geschäftlich eng mit Vizepräsident Keller verbändelt, eine mit 90.000 Euro ausgestattete Professur.
Zugleich gab es für ihn Verträge über insgesamt 500.000 Euro für eine „baukünstlerische Begleitung“. Und auch sonstige Aufträge sollen bevorzugt an Architekturbüros gegangen sein, die wahlweise mit Libeskind oder Keller in Verbindung stehen.
Verstöße gegen Vergaberichtlinien hält die Uni selbst für „ausgeschlossen“, erklärt ein Sprecher. Man gehe davon aus, dass „ein strafrechtlich relevanter Vorwurf gegen Mitglieder der Universitätsleitung nicht erhoben werden kann“.
Rot-Grün will Landesförderung „prüfen“
Auf Rückendeckung der neuen rot-grünen Landesregierung in Hannover braucht man in Lüneburg unterdessen nicht zu hoffen: Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Klajic (Grüne) hat bereits angekündigt, die Landesförderung in Höhe von 21 Millionen Euro für den Libeskind-Bau zu prüfen.
SPD wie Grüne fordern angesichts der Untreue-Ermittlungen „lückenlose Aufklärung“. Versäumnisse sehen sie in erster Linie bei der schwarz-gelben Vorgängerregierung. Die hat den Libeskind-Bau stets wohlwollend begleitet, zuletzt mit der heutigen Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) als zuständiger Wissenschaftsministerin.
Einzig der Stiftungsrat der Uni stellt sich hinter den Prunkbau und attestiert „umsichtige“ Arbeit. 7,5 Millionen Euro Mehrkosten für den mit 60 Millionen Euro veranschlagten Bau hat das Gremium jüngst abgesegnet. Hinter Medienberichten über den Olaf-Prüfbericht vermutet man eine „Kampagne gegen die Universität“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku