Affäre beschäftigt Geheimdienst-Ausschuss: Die fliegenden Teppiche
Der Teppich-Transport von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) wird von Geheimdienst-Kontrolleuren untersucht. Auch BND-Chef Schindler importierte afghanische Webkunst.
BERLIN dapd/afp/dpa | Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKGr) zur Überwachung der Nachrichtendienste befasst sich in einer Sondersitzung am Montag mit der Teppich-Affäre um Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) und BND-Chef Gerhard Schindler. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur dapd am Freitag.
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele teilte mit, er habe wegen der Teppich-Affäre die Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste beantragt.
Niebel hatte einen privat erworbenen Teppich in einem Flugzeug des Bundesnachrichtendienstes (BND) von Kabul nach Berlin transportieren lassen. Das Souvenir wurde dann, am Zoll vorbei, in die Privatwohnung des Ministers gebracht. Später stellte Niebel einen Antrag auf Nachverzollung.
Nach einem Vorabbericht der Leipziger Volkszeitung räumt der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, in einer dienstlichen Erklärung ein, auch einen eigenen Teppich am 17. Mai an Bord des BND-eigenen Jets mitgenommen zu haben.
Teppich als Gastgeschenk?
Schindler schreibt in der Erklärung laut LVZ weiter, er habe seinen Teppich in Afghanistan als Gastgeschenk erhalten und nach der Rückkehr in Berlin beim BND abgegeben. Aus dem Text gehe auch hervor, dass die Idee zur Mitnahme des von Niebel gekauften Teppichs von einer BND-Mitarbeiterin aus der Delegation Schindlers stamme. Hintergrund sei offenbar ein Bekanntschaftsverhältnis der Frau zu einem Referenten in Niebels Ministerium.
Schindler bekräftigte in der Erklärung laut LVZ auch, dass er damals davon ausgegangen sei, dass Niebels Teppich ebenfalls ein Gastgeschenk sei. Allerdings hätten Mitarbeiter der BND-Residentur in Kabul offenbar von dem privaten Einkauf Niebels gewusst.
Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist die Affäre offenbar kein Thema mehr. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag in Berlin, er habe für die Bundesregierung bereits deutlich gemacht, „dass wir diese Form der Einfuhr dieses einen Teppichs (aus Afghanistan) nicht für einen normalen und nicht für einen vollkommen korrekten Vorgang gehalten haben“. Daraus seien entsprechende Konsequenzen gezogen worden. Eventuelle Missverständnisse seien aufgeklärt worden. Auch eine Sprecherin des Entwicklungshilfeministeriums machte zu dem Thema keine Angaben.
Ströbele will nun im Parlamentarischen Kontrollgremium eine Gegenüberstellung Niebels und Schindlers verlangen, um Widersprüche zwischen deren Angaben zu klären. Auch wolle er wissen, „was in der Vergangenheit im BND-Präsidentenjet noch so alles befördert wurde“. Bei den Widersprüchen geht es darum, dass laut BND vor dem Transport klare Absprachen zu Niebels Teppich gegeben habe, was der Minister bestreitet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken