AfD wählt neue Fraktionsspitze: Wiederwahl mit Gaulands Hilfe
Alice Weidel bleibt wohl Frakionsvorsitzende – weil ihr Co-Chef mit ihr als Duo antritt. Immer wieder nähert sich die Politikerin dem „Flügel“ an.
Weidel war beim IfS, das der neurechte Vordenker Götz Kubitschek in dem kleinen Ort in Sachsen-Anhalt betreibt, zur „Sommerakademie“ als Referentin geladen. Mit solchen Veranstaltungen schult das Institut den neurechten Nachwuchs. Stets mit dabei: Mitstreiter der Identitären Bewegung, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft ist, und der Bewegung Ein Prozent.
Immer wieder sind im IfS AfDler zu Gast, meist allerdings solche vom radikal rechten Flügel um den Thüringer Björn Höcke. Kubitschek, selbst zwar kein AfD-Mitglied, gilt als Vordenker des Flügels. Schon länger nähert sich Weidel, die 2017 noch den Parteiausschluss Höckes forderte, dem Flügel an – womöglich weniger aus Überzeugung als aus der Erkenntnis heraus, dass man gegen den Flügel in der AfD schwer etwas wird oder bleibt.
Genau das aber will Weidel am Dienstag, wenn die Fraktion im Bundestag turnusgemäß ihre Spitze neu wählt: Sie will wieder Chefin werden. In der Fraktion ist die Baden-Württembergerin, die mit ihrer Lebensgefährtin und zwei Kindern vor allem in der Schweiz lebt, durchaus umstritten. Das liegt an ihrer neoliberalen Ausrichtung, aber auch an dem schroffen Stil, mit dem sie die Fraktion führt. Hinzu kommt, dass die Konstanzer Staatsanwaltschaft wegen dubioser Parteispenden weiter gegen Weidel ermittelt.
Das Duo kommt als Paket
Dass ihre Wiederwahl dennoch als ziemlich sicher gilt, liegt nicht nur an den Avancen, die sie den Parteirechten macht, sondern vor allem an ihrem Co-Chef Alexander Gauland. Dieser hat sich – wieder einmal – entschlossen, als Paket mit ihr anzutreten. Weil die allermeisten Gauland als Vorsitzenden behalten wollen, wird das Duo wohl wiedergewählt werden.
Als recht sicher gilt auch die Wiederwahl des ersten Parlamentarischen Geschäftsführers Bernd Baumann, obwohl der Aufbau der Fraktion alles andere als rund lief. Doch Baumann, so heißt es, habe sich gut eingearbeitet. Für die ersten beiden PGFs, wie die Organisatoren der Fraktion im Parlamentsjargon heißen, haben Gauland und Weidel je ein Vorschlagsrecht. Gauland wird wohl Baumann zur Wiederwahl empfehlen. Weidel hatte vor zwei Jahren auf Jürgen Braun gesetzt, doch zwischen den beiden Baden-WürttembergerInnen lief es nicht rund.
Als wahrscheinlich gilt, dass stattdessen Roland Hartwig zum zweiten PGF gewählt wird. Hartwig, früher Chefjurist bei Bayer und bislang stellvertretender Fraktionsvorsitzender, sagte auf Anfrage der taz: „Ja, ich werde als PGF kandidieren.“ Hartwig hat die parteiinterne Arbeitsgruppe zum Verfassungsschutz geleitet – und war im Sommer beim IfS zu Gast.
Auch auf anderen Positionen wird es Wechsel geben: Die beiden weiteren PGFs, Michael Espendiller aus NRW und Hans-Jörg Müller aus Bayern, treten nicht wieder an. Bei den Fraktionsvizes gilt die Wiederwahl von Tino Chrupalla aus Sachsen als wahrscheinlich. Zu hören ist auch, dass es für die Berlinerin Beatrix von Storch und Peter Felser aus Bayern eng werden könnte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung