AfD schließt Medien aus: Die Presse möge bitte jetzt gehen
Die AfD hat entschieden, dass sie auch in Zukunft Journalist*innen von Parteitagen ausschließen kann. Dürfen die das überhaupt?
Das Verhältnis der AfD zur Presse ist paradox. Einerseits liegt der Partei als politischer Außenseiterin viel daran, möglichst oft in den Nachrichten vorzukommen. Andererseits pflegt sie einen offenen Antagonismus zu „den Medien“. Auf ihrem Bundesparteitag in Augsburg am Sonntag hat die AfD nun entschieden, dass die Presse von Parteitagen ausgeschlossen werden kann, wenn die Mehrheit der Delegierten das wünscht.
Laut Geschäftsordnung sind die Parteitage zwar öffentlich, auf Antrag können aber Journalist*innen künftig vor Teildebatten, etwa zu Personalfragen, rausgeschickt werden. Nun stellt sich die Frage, ob Pressevertreter*innen einen Anspruch auf Berichterstattung haben.
Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Frank Überall, kritisiert dem Beschluss und sagte dem Handelsblatt: „Ich schließe nicht aus, dass das ein Fall für die Gerichte wird.“ Diese Forderung, rechtlich gegen Presseausschlüsse der AfD vorzugehen, ist nicht neu. Schon seit Langem sorgt die rechte Partei immer wieder mit Presseausschlüssen für Aufsehen – bisher fand dies vereinzelt in Landesverbänden statt.
Im Juni 2016 schloss der Nordrhein-Westfälische Landesverband die Presse von seinem Parteitag in Werl aus. Im Januar 2017 beschloss der Landesparteitag der sächsischen AfD vor Ort mit großer Mehrheit, einen Redakteur der Sächsischen Zeitung des Saals zu verweisen. Der Reporter habe „Hetzartikel“ verfasst, so die Begründung. Laut einem dpa-Bericht wurde der Journalist unter Beifall nach draußen eskortiert.
Parteienfinanzierung streichen
Zuletzt ging die Hamburger AfD vor einigen Wochen so weit, einen Parteitag ganz und gar ohne Ankündigung abzuhalten. Der Landesvorsitzende, Dirk Nockemann, sagte dem Hamburger Abendblatt, man werde in Zukunft von Fall zu Fall entscheiden, ob man die Presse einlädt.
Entrüstet äußerte sich daraufhin der Bezirksvorsitzende des DGB Nord, Uwe Polkaehn, gegenüber der dpa und forderte, einer Partei, die „die Pressefreiheit mit Füßen tritt“, die Parteienfinanzierung zu streichen. Aber gibt es überhaupt eine rechtliche Grundlage dafür, die Partei für ihr Vorgehen zu sanktionieren? Ist sie verpflichtet, Journalist*innen reinzulassen?
Einige Verfassungsrechtler*innen verweisen bei dieser Frage gerne auf Artikel 21 des Grundgesetzes, wonach Parteien verpflichtet sind, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Für die Staats- und Medienrechtlerin Sophie Schönberger, Professorin an der Uni Konstanz ist die Sache hingegen nicht ganz so klar.
„Das Problem ist, dass Parteien keine staatlichen Akteure sind“, sagte Schönberger der taz. „Parteien sind private Vereinigungen und haben deshalb erst einmal relativ frei über den internen Bereich zu entscheiden, solange es keinen anderen Vorschriften gibt.“ Allein der Ausschluss einzelner Journalist*innen aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder vergleichbaren Merkmalen, sei etwa wegen des Antidiskriminierungsgesetz untersagt.
Öffentlichkeit ohne Journalist*innen
„Der Gesetzgeber könnte eine solche Verpflichtung schaffen“, sagt Schönberger. „Bisher gab es aber nie eine Notwendigkeit für eine entsprechende gesetzliche Regelung, weil jede Partei froh war, wenn die Presse über sie berichtet hat.“ Das Problem tritt also nicht alleine Aufgrund der AfD auf, sondern stellt sich auch, weil sich die Art und Weise verändert, wie Öffentlichkeit hergestellt wird.
Politische Akteur*innen sind nicht mehr darauf angewiesen, mit der Presse zu sprechen. Sie können über eigene Kanäle senden – soziale Medien, Livestreams, Internetfernsehen. Dass die Presse ihren Anspruch formulieren muss, überhaupt in den Willensbildungsprozess einbezogen zu werden, ist in dieser Form neu.
Der DJV fordert daher eine Änderung des Parteiengesetzes. Pressevertreter*innen sollen einen Rechtsanspruch darauf haben, zu Parteitagen zugelassen zu werden. Der Verband hat den Bundestag aufgefordert, eine solche Reform auf den Weg zu bringen.
Eine gegenteilige Idee gibt es auch. Die Presse könnte AfD-Parteitage in Zukunft einfach geschlossen boykottieren, schlug Funke-Chefredakteur Jörg Quoos noch Anfang 2017 vor. Getraut hat sich das bisher aber noch keiner.
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