AfD bei der Bürgerschaftswahl: Steife Brise in Hamburg
Mehr als 400 Personen nahmen am Wahlkampfauftakt der Partei teil. Ein Kamerateam wurde als „Lügenpresse“ beschimpft und des Saales verwiesen.
HAMBURG taz | An der Elbe tobte der Sturm „Felix“ durch die Straßen. Im Souterrain des Emporio Hochhaus bekam die „Alternative für Deutschland“ (AfD) ebenfalls harten Gegenwind zu spüren. „Fuck of AfD“ hatten Gegendemonstranten an das Gebäude in der Hamburger Innenstadt projiziert. Im Saal unterbrach Hans-Olaf Henkel aufgrund des Protests seiner Rede: „Das stört mich“, sagte er, diese Störer wüssten nicht „was sie tun“. Sie seien keine Täter, sondern Verführte.
Am Samstagabend waren über 400 Interessierte und Demonstranten zum offiziellen Wahlauftakt der Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 gekommen. Die AfD hatte Parteiprominenz angekündigt: Den Hamburger Spitzenkandidat Jörn Kruse, den Parteigründer Bernd Lucke und den Europageordneten Hans-Olaf Henkel.
Vor Beginn der Reden teilte der Veranstaltungsleiter und Bürgerschaftskandidat Detlef Ehlebracht mit, dass nur Anwesende mit einem Sitzplatz bleiben dürften – aufgrund der Brandschutzvorschriften. Viele der Besucher auf den Stehplätzen zeigten auf ihrer Kleidung die Aufschrift „Refugees welcome“. Ihren Abgang aus dem Saal begleiteten sie mit den Rufen „Say it Loud! Say it clear! Refugees are welcome here!“. Aufatmen auf Seiten der AfD.
Übermäßig langes Klatschen und Buhrufe während der Rede von Kruse machten aber deutlich, dass nicht alle Protestierer den Saal verlassen hatten. Auf der Bühne klammerte Jörn Kruse sich an sein Rednerpult und wetterte gegen die „politische Klasse“. Er verkündete, dass er nach den Attentaten in Paris nicht nur über Hamburger Schul- und Verkehrsprobleme reden wolle.
„Schwarze Monster“
Die abendländischen Gesellschaften stünden zusammen und der Großteil der Muslime hätte sich integriert. Kopftuch und Burka seien für ihn aber „Symbole der Integrationsverweigerung“. Er frage sich, was in den Männerhirnen schief gelaufen sei, dass sie ihre Frauen und Mädchen zu zwingen würden als „Schwarze Monster“ herum zulaufen. „Das ist menschenverachtend“ wurde dazwischen gerufen.
Als Henkel das Wort ergriff, wurde er gebeten, lauter zu sprechen, die Protestierenden hielten mit „bitte leiser" dagegen. Seine Rede wurde schon bald unterbrochen, als ein Kamerateam in Streit mit dem AfD-Kommualpolitiker Bodo Adolphi geriet. Das frühere Mitglied der Schill-Partei unterstellte dem Team, Fotos für „die Antifa“ zu machen. „Lügenpresse“ riefen Anhänger der AfD und „auf die Fresse“. „Das ist für sie - Je suis Charlie“ riefen andere Kruse zu, der in seiner Rede diese Formulierung mit dem Bekenntnis zu Pressefreiheit gewählt hatte. Die Auseinandersetzung endete, als Polizeibeamte das Kamerateam aus dem Saal führten.
Henkel setzte seine Rede fort und erklärte, dass es kein Tabu seien dürfte, über die „Schattenseiten des Islams“ zu reden. Pegida läge aber falsch, wenn die Bewegung von der Islamisierung des Abendlandes sprechen würde. Gleichzeitig betonte er, dass die Annäherung seiner Parteikollegen Frauke Petry und Alexander Gauland an die Bewegung richtig sei, um mitzuverfolgen „wer da auf der Straße sei“.
Nur ein Fußalltrainer
Viel Applaus erhielt Bernd Lucke als er verspätet den Saal betrat. In seiner Rede unterstellte er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), keinen Kompass für ihre Wirtschafts- und Europapolitik zu haben. Die Welt sei heute viel instabiler als zu Beginn ihrer Amtszeit, sagte er, und verwies auf den Ukraine-Konflikt, die Zuwanderung nach Deutschland und die Eurozone. Die Krisen in diesen Bereichen würden die Bevölkerung verunsichern: „Ich erwähne nur mal Pegida“, brachte er als Beleg dafür.
Im Saal waren nicht alle Anhänger der AfD mit den Aussagen zu Pegida einverstanden. Die interne Auseinandersetzung um die Bewegung sei noch nicht ausgestanden, räumte Henkel gegenüber der taz ein. Vor Veranstaltungsbeginn betonte er, das die AfD dringend einen Sprecher haben sollte – „und der muss Bernd Lucke sein“. Nur er könne alle Meinungen in der Partei zusammen halten.
„Wir haben ja auch keine drei Bundestrainer, dann wären wir auch nicht Weltmeister geworden“. Die Wahl an der Elbe sei für die Parteientwicklung auch als Gegengewicht für die Ostverbände wichtig, sagt Henkel. Umfragen belegen, dass vier Prozent der Wähler für die AfD stimmen würden.
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