AfD auf Wahlkampf-Tour: EU-Gegner im Hackfeld-Haus
Wenn die „Alternative für Deutschland“ heute mit Bernd Lucke Wahlkampf macht, ist Streit vorprogrammiert.
Der Bremer Wahlkampf-Auftritt von Bernd Lucke, dem Chef der „Alternative für Deutschland“ (AfD), ruft Protest hervor – nicht nur gegen die als rechtspopulistisch geltende AfD, sondern auch gegen das Konsul-Hackfeld-Haus. Denn dort will Lucke heute ab 16 Uhr sprechen.
Die AfD sei gefährlich, erklärt die Bremer Antifa-Gruppe Avanti, „weil sie marktradikale mit ultrakonservativen und nationalistischen Positionen“ verknüpfe und Rechtspopulismus „weiter salonfähig“ mache. Das Hackfeld-Haus, in dem regelmäßig politische Veranstaltungen unter anderem der Linkspartei stattfinden, solle „Rechtspopulismus und Menschenverachtung keinen öffentlichen Raum ermöglichen“ – also die AfD-Veranstaltung absagen.
Im Hackfeld-Haus, das dem Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) gehört, ist man über die Mieter „nicht sehr glücklich“, wie Geschäftsführer Frank-Martin Baumann sagt. Die Veranstaltung sei „reingerutscht“ und von einem Mitarbeiter angenommen worden, der sich keine nähere Gedanken gemacht habe. Wäre er involviert gewesen, so Baumann, hätte er die AfD-Anfrage dem CVJM-Vorstand vorgelegt – „und der hätte vermutlich Nein gesagt“. Nun aber seien die Verträge gültig.
Entspräche ein Rausschmiss den demokratischen Spielregeln? Und würde er nicht eher dem Opfermythos der AfD zugute kommen? Zumindest letzteres ist umstritten. „Die AfD demontiert sich doch gerade total selber“, kommentiert ein Aktivist. „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, das dem Bernd wieder mal was passiert und sich ganz Deutschland mit dem Spacken solidarisiert.“
In der Tat waren die Rempeleien bei der letzten Bremer AfD-Großveranstaltung im September im Bürgerpark ein großer medialer Erfolg der Partei. Lucke war von der Bühne geschubst worden. Da die Polizei über ihre Pressestelle die Angaben der Veranstalter verbreitete, die eine Messer-Attacke und bis zu 25 vermummte Angreifer gesehen haben wollten, kam es mitten im Bundestags-Wahlkampf zu landesweiter Resonanz. Lucke hatte eine Steilvorlage: „AfD-Chef verlangt schärferes Vorgehen gegen Linksextreme“, titelte Zeit.de.
In der Innendeputation musste der Polizeipräsident eingestehen, dass der Tathergang deutlich undramatischer war. Die Polizei sagte im Rückblick, dass in diese Meldung Zeugenaussagen und eigene Erkenntnisse eingeflossen seien – was die Darstellung nicht zutreffender machte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt aber nur gegen drei der Störer, ein Messer war ihren Erkenntnissen nach nicht im Spiel. Im aktuellen Wahlkampf fordert die AfD dennoch Polizeischutz. Ob der hier gewährt wird, will die Bremer Behörde „aus polizeitaktischen Gründen“ nicht sagen. Die AfD, heißt es im Hackfeld-Haus, plane aber auch „eigene Sicherheitsvorkehrungen“.
Der Münsteraner Soziologe Andreas Kemper, der sich eingehend mit der AfD beschäftigt, verweist derweil auf die antidemokratische Stoßrichtung der Partei. Sie beabsichtige die Zurückdrängung der demokratischen Parteien, um die sozialen Sicherungssysteme massiv abzubauen. „Das ist die eigentliche Agenda“, sagt Kemper der taz, auch wenn das Wahlprogramm „bewusst weichgespült“ sei. Ein Beispiel: Obwohl der kürzlich gewählte Landesvorsitzende der AfD in Nordrhein-Westfalen seine Äußerungen über die Abschaffung des parlamentarischen Systems als Privatmeinung deklariere, gehöre dieses Ziel zur Programmatik großer Teile der AfD. „Nepper, Schlepper, Euro-Retter“ ist auf den AfD-Plakaten zu lesen, die auch im Umfeld des Hackfeld-Hauses hängen. „Hier ist die AfD in ihrem Element“, sagt Kemper – der der Partei sechs Prozent der Wählerstimmen zutraut.
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