AfD-Wahlkampf in Sachsen: Treffen der antisemitischen Putin-Freunde
Mit Liebesgrüßen nach Moskau: Die AfD Sachsen lädt für den Wahlkampfabschluss russlandtreue und ultraradikale Politiker aus Serbien und Bulgarien ein.
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Der offene Schulterschluss am Freitagabend ist durchaus bemerkenswert: Die serbische Ministerin ist bekannt für ihre Nähe zu Russland und ihr erzkonservatives Familienbild. Als Dauergast in den regierungsnahen Medien fällt sie mit queerfeindlichen Ausfällen auf. So stellte sie in der Morgensendung des Fernsehsenders „Prva“ mal die Frage, ob das „+“ in „LGBTIQ+“ für „Pädophile und Zoophile“ stehe.
Đurđević Stamenkovski ist Vorsitzende der rechtsextremen Partei Zavetnici, die bei den serbischen Parlamentswahlen im Dezember 2023 an der 3-Prozent-Hürde scheiterte – eine Art „Betriebsunfall“ in einer Wahl, die weder frei noch fair war. Die regierende Serbische Fortschrittspartei (SNS) des autokratisch regierenden Präsidenten Aleksandar Vučić hat sonst gerne Abgeordnete rechts von sich, um selbst gemäßigter zu wirken. Obwohl Đurđević Stamenkovski nicht als Abgeordnete ins Parlament gewählt wurde, bekam sie den Ministerposten für Familie und Demographie.
Rechte Systemoppositionelle
Đurđević Stamenkovski gilt als Systemoppositionelle, die eine extrem rechte Wählerschaft binden soll, ohne die Herrschaft der SNS wirklich zu gefährden – auch ihre AfD-Unterstützung ist in diesem Kontext zu betrachten. Vučićs SNS, assoziiert mit der Europäischen Volkspartei (EVP), in der CDU und CSU sind, meidet eine direkte Parteinahme für die AfD, auch um die Rolle als Partner der Bundesregierung nicht zu gefährden. Kritik aus dem Ausland kann Vučić derzeit nicht gebrauchen: In ganz Serbien wird demonstriert – die größte Protestbewegung seit dem Sturz Slobodan Miloševićs im Oktober 2000.
Regierungsnahe serbische Medien werben hingegen für AfD und BSW. So lud das Medium Informer mehrfach den serbischen Reserveoffizier Andreja Lović als Deutschlandexperten ein, der dort behauptete, AfD und BSW verträten die gleichen geopolitischen Interessen wie Serbien unter Vučić und seien deswegen aus serbischer Sicht unterstützenswerte Parteien.
Außerdem äußerte sich Lović rassistisch gegenüber Albaner*innen und behauptete, Deutschland sei so überfremdet, dass man kaum noch weiße Männer in den großen Städten sehe. Verschwiegen wurde bei Informer, dass Lović zu der Zeit für die BSW-Bundestagsabgeordnete Żaklin Nastić arbeitete. Diesen Job verlor er, als Correctiv enthüllte, dass er als Redner bei einer Konferenz des russischen Ultranationalisten Alexander Dugin auftrat.
Serbischer Wahlkampf für die AfD
Über Familienministerin Đurđević Stamenkovski macht Vučić nun indirekt Wahlkampf für die AfD. Die Reise der Familienministerin dürfte kaum ohne seine Zustimmung erfolgen. So kann Vučić einerseits russlandtreuen Kräften Unterstützung signalisieren – und sich bei Kritik darauf berufen, dass die Familienministerin nicht seiner Partei angehöre. Diese Doppelzüngigkeit zieht sich durch Serbiens gesamte Russlandpolitik. Einerseits weigert sich die Regierung, Sanktionen gegen Russland zu verhängen, andererseits strebt das Land offiziell weiter in die EU und liefert, über Umwege, auch Waffen an die Ukraine.
Schon im November 2023 posierte Đurđević Stamenkovski mit Tino Chrupalla im Bundestag mit einem „Keine Kapitulation“-T-Shirt, das beide in gemeinsam in die Kamera hielten. Darauf abgebildet die Umrisse des Kosovo, eingefärbt in das serbische Wappen. Eine klare Absage an die staatliche Unabhängigkeit des Kosovo. Im Oktober 2024 reiste Tino Chrupalla nach Belgrad, traf Đurđević Stamenkovski und Innenminister Ivica Dačić zum Abendessen und lobte Serbien für seinen „aktiven Grenzschutz“.
Rechtsextreme Wiedergeburt
Kostadin Kostadinovs ist in Bulgarien Vorsitzender der prorussischen Partei Wiedergeburt (Wasraschdane), die mit der AfD in der Fraktion „Europa der Souveränen Nationen“ im Europaparlament sitzt. Eine rechtsextreme Resterampe, die gegründet wurde, nachdem die AfD wegen Aussagen von Maximilian Krah zur SS aus der damaligen ID-Fraktion geworfen wurde, die sich inzwischen „Patrioten für Europa“ nennt.
Kostadinov beschimpfte Rom*nja als „Parasiten“ und „Ungeziefer“, das in Bulgarien keinen Platz habe und greift regelmäßig den einzigen jüdischen Abgeordneten im bulgarischen Parlament, Daniel Lorer, an. Im Oktober rügte ihn die bulgarische Antidiskriminierungsstelle wegen Antisemitismus. Außerdem droht Kostadinov häufig damit, das Lager Belene wiederzueröffnen, in dem Regimegegner von den bulgarischen Kommunisten gefoltert und gefangen wurden. Dort möchte Kostadinov „Vaterlandsverräter“ und „russophoben Abschaum“ einsperren.
Die Ukraine hat aufgrund seiner Kremlnähe im März 2022 ein zehnjähriges Einreiseverbot gegen Kostadinov verhängt. Die AfD in Sachsen empfängt ihn dafür gerne.
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