AfD-Veranstaltung gestört: Udo Ulfkotte rächt sich an Teenager
Der Islamkritiker soll einen 15-Jährigen und gegen eine Wand gedrückt haben. Der Jugendliche erstattet Strafanzeige wegen Körperverletzung.
FRANKFURT/MAIN taz | Der Ex-FAZ-Journalist Udo Ulfkotte ist bislang hauptsächlich durch handfeste islamkritische Äußerungen, Vorwürfe gegenüber der Presse oder seinen Pegida-Auftritt aufgefallen. Am Freitagabend soll er im hessischen Dietzenbach nach Angaben verschiedener Augenzeugen allerdings auch handgreiflich geworden sein. Auf Fotos, die bei Twitter kursieren, hat Ulfkotte einen 15-jährigen Jugendlichen am Kragen gepackt und drückt ihn gegen die Wand. Neben ihm sind zwei Landesvorsitzende der NPD Hessen zu sehen.
Ulfkotte war von der Partei Alternative für Deutschland (AfD) Offenbach-Kreis zu einem „Bürgerstammtisch“ eingeladen worden, um dort über den Islam, die Medien und die EU zu sprechen. Dagegen protestierten hessische Jungsozialisten (Jusos) und eine antirassistische Initiative.
Etwa 50 von ihnen klatschten frenetisch, sobald Ulfkotte die Worte „Gender“, „Lügenpresse“ und „Islam“ in den Mund nahm. Wir wollten „satirischen Ungehorsam“ zeigen, erzählt Filippos Kourtoglou, stellvertretender Vorsitzender der Jusos Hessen-Süd. Abgesprochen war, den Saal schweigend zu verlassen, sobald die Organisatoren von ihrem Hausrecht Gebrauch machen. Doch so weit kam es gar nicht.
„Erst machte Ulfkotte vom Rednerpult aus noch Fotos von den AktivistInnen. Dann rief er: ’Es reicht!‘ und stürmte ohne Vorwarnung auf den 15-Jährigen los und packte ihn am Kragen“, so ein Augenzeuge. Pikanterweise wurde Ulfkotte dabei von Stefan Jagsch und Daniel Lachmann aus der Führungsriege der NPD Hessen flankiert.
Kourtoglou ist schockiert. „Dass sich NPDler einfach bei der AfD aufhalten konnten und dann auch noch Herrn Ulfkotte flankiert haben, als er auf unser Mitglied losstürmte, zeigt, wie es wirklich um die AfD steht.“
Ulfkotte selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Kurz nach dem Zwischenfall veröffentlichte er jedoch via Facebook einen Post, in dem es heißt: „Freue mich auf die ’Strafanzeige‘, weil ich dann … den Namen des 15-Jährigen samt Adresse bekomme … Suuupii … Da freuen sich schon einige mit!“
In einem späteren Post stellte er jedoch klar, dass er die Adresse nur bräuchte, um den Juso von späteren Veranstaltungen auszuschließen. Auch die Vorwürfe, dass er auf den 15-Jährigen losgegangen sei und ihn verletzt habe, bestritt er auf diesem Wege. Der 15-Jährige hat Strafanzeige gegen Ulfkotte wegen Köperverletzung und Nötigung gestellt.
Ergänzung, 6. Juli 2015: Wir wissen heute, dass es keine Strafanzeige im formalen Sinne gegen Ulfkotte gibt. Allerdings gibt es wegen des Vorfalls ein Ermittlungsverfahren, das noch nicht abgeschlossen ist, sowie tatsächliche Mitteilungen eines Zeugen, aus denen sich der Anfangsverdacht eines Körperverletzungsdeliktes gegen Ulfkotte ergeben kann. Ulfkotte bestreitet, eine Körperverletzungshandlung begangen zu haben, oder den Jugendlichen am Kragen gepackt zu haben, und gibt an, die um ihn Herumstehenden nicht gekannt zu haben.
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