AfD-Richtungskampf nach Wahlschlappen: Bürgerliche Bekundungen aus Hamburg
Beim Richtungskampf in der AfD fordert der Hamburger Alexander Wolf mehr Parteinahme für die Ukraine. Er will damit die bürgerliche Mitte erreichen.
![Tino Chrupalla und Alexander Wolf unterhalten sich mit angespanntem Gesichtsausdruck auf der Wahlparty in der Hamburger Landesgeschäftsstelle im Februar 2020. Tino Chrupalla und Alexander Wolf unterhalten sich mit angespanntem Gesichtsausdruck auf der Wahlparty in der Hamburger Landesgeschäftsstelle im Februar 2020.](https://taz.de/picture/5570574/14/216554378-1.jpeg)
D ie Kontrahenten bringen sich in Stellung, beim geplanten Bundesparteitag der AfD im Juni kommt es zur großen Abrechnung. Der Parteitag in Riesa könnte für Tino Chrupalla der letzte als Bundesvorsitzender sein. In der AfD wird er für die schlechten Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen verantwortlich gemacht. Nicht alle Kritiker:innen sind schon aus der Deckung gekommen. Einer im Norden aber schon: Alexander Wolf, stellvertretender Vorsitzender der Hamburger Bürgerschaftsfraktion.
Die AfD schmerzt vor allem, dass der Wiedereinzug ins schleswig-holsteinische Landesparlament nicht gelungen ist. Ein alter Vorwurf an den Landesverband zwischen den Meeren brach neu auf, der auch dem Verband an der Elbe schon gemacht wurde: zu moderat, zu bürgerlich, doch aus der bürgerlichen Mitte würde die AfD kaum noch enttäuschte CDU-Wähler:innen gewinnen können.
Diese Position kontert Wolf nun – wenig überraschend. Mit Blick auf die „bürgerlichen Kreise“ hält er, der auch im Bundesvorstand sitzt, Chrupalla vor, angesichts des Krieges in der Ukraine zu sehr auf der Seite Russlands zu stehen. „Wir sollten uns stärker für den Freiheitskampf des ukrainischen Volkes engagieren, das wäre patriotisch und sinnvoll“, sagte er der Welt.
Und weiter: „Wir haben auch deshalb Stimmen verloren, weil manche Positionierungen aus der AfD so verstanden werden können, dass wir zu nah bei Putin sind.“ Die bürgerliche Mitte stünde jedoch überwiegend auf der Seite der Ukraine. Wolf wurde noch deutlicher: „Dieser Kurs von Tino Chrupalla ist ein Irrweg, der die AfD fast eine weitere Landtagsfraktion gekostet hätte“, betonte er, und: „‚Frieden schaffen ohne Waffen‘ ist eine Kirchentagsparole, nicht die Position der AfD.“
„AfD-Ost“ befürchtet
In den bundesweiten AfD-Konflikten trat Wolf bislang selten öffentlich in Erscheinung. Mit diesen Vorhaltungen greift er nun den Bundesvorsitzenden sowie auch ein mögliches Bundesvorstandsmitglied an: Vor wenigen Tagen hatte Björn Höcke ein Meme mit der Friedensbewegungsparole und einer Friedenstaube sowie seinem Konterfei in mehreren sozialen Medien gepostet. Der Landtagsfraktionschef aus Thüringen deutete unlängst an, für den Bundesvorstand kandidieren zu wollen – erstmals. Schon die Ankündigung, meinen Höcke-Kritiker:innen, habe Wahlzuspruch gekostet.
Mit seiner direkten Kritik ist Wolf nicht allein. Parteiintern wird schon eine AfD-Ost befürchtet. Gleich nach dem Scheitern in Schleswig-Holstein wurde eine „Offensive West“ gefordert. Die Idee hat Chrupalla prompt gekapert, der jetzt eine „Initiative West“ und einen „Westbeauftragten“ ankündigte.
Die Ankündigung dürfte Wolf nicht reichen. Erneut nutzt er den Disput, um sich als bürgerlich-moderat darzustellen. Dabei hatte Wolf 1991 noch einen Arbeitskreis der neurechten Jungen Freiheit geleitet und für die Wochenzeitung geschrieben. Dass deren Chefredakteur Dieter Stein, am 23. Mai in Hamburg in der Reihe „Fraktion im Dialog“ sprechen soll, kann dabei als Stellungnahme verstanden werden: Stein warnt immer wieder vor einem radikalen Kurs der AfD.
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