AfD-Bundestagskandidatin Olga Petersen: Nahe beim Flügel
Die Hamburger AfD-Direktkandidatin Olga Petersen ist rechts außen unterwegs. Für die Hamburger AfD wäre ihr Weggang eine Erleichterung.
![Wahlhelfer zählen im Februar 2020 in der Alsterdorfer Sporthalle die Stimmen für die Bürgerschaftswahl aus. Wahlhelfer zählen im Februar 2020 in der Alsterdorfer Sporthalle die Stimmen für die Bürgerschaftswahl aus.](https://taz.de/picture/5119026/14/216571639-1.jpeg)
A m Sonntag möchte die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Olga Petersen für die AfD in den Bundestag gewählt werden. Sollte der Umzug nach Berlin mit AfD-Listenplatz 2 gelingen, dürfte ihre Hamburger Bürgerschaftsfraktion erleichtert sein. Denn seit ihrem Einzug in die Bürgerschaft 2020 eckt Petersen immer wieder an, weil sie sich gegen das bemüht kreierte Image der Fraktionsführung als bürgerlich-konservativ auflehnt.
In einem aktuellen Wahlvideo auf ihrer Facebook-Seite mahnt sie, dass sich „unser Land auch weiterhin Richtung Abgrund“ bewege, wenn sich nicht „Vernunft, Heimatliebe und Entschlossenheit“ durchsetze. Und die Russlanddeutsche versichert „mit offenem Visier“ gegen die „Abschaffung Deutschlands“ anzutreten.
Petersen kam im Alter von 16 Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland. Als Motiv für ihr politisches Engagement gibt sie an, dass sie als mehrfache Mutter erlebe, „wie unsere Kinder in Schule und Kindergarten indoktriniert werden“.
Für sie steht fest: Der Begründer des aufgelösten parteiinternen „Flügels“, der thüringische Landtagsfraktionschef Björn Höcke, dürfe zwar „Faschist“ genannt werden, das bedeute aber nicht, dass er auch einer sei. Ihre Nähe zum rechtsextremen „Flügel“ bewegte sie auch dazu, einen AfD-Landessonderparteitag anzustreben, weil der Hamburger Vorstand den Ausschluss des ehemaligen AfD-Fraktions- und Landesvorsitzenden in Brandenburg, Andreas Kalbitz, „mit zu verantworten“ gehabt hätte. Kalbitz war ein wichtiger Akteur des „Flügels“.
Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.
Ganz überrascht gab sich die sechsköpfige Hamburger AfD-Fraktion auch über Petersens Russlandreise zur Staatsdumawahl in der vergangenen Woche. Mit weiteren AfD-Politikern beobachtete sie in Moskau die Wahl. Noch vor Ende der Wahl äußerte Petersen in russischen Medien Lob über den Ablauf. Der „Wunsch der russischen Seite, so viel wie möglich Transparenz bei den Wahlen zu bekommen“, habe sie „beeindruckt“. Sie verbreitete auch einen Artikel des russischen Auslandssenders „sna“ zur Wahl: „Duma-Wahl in Russland: Trotz Betrugsvorwürfen loben deutsche Wahlbeobachter die Transparenz“.
Ausschluss aus der Fraktion nicht zu erwarten
Die Unabhängigkeit der Beobachtung darf bezweifelt werden, denn der Besuch erfolgte auf Einladung der russischen Zivilkammer und der politologischen Gesellschaft Russlands. 2005 legten mehrere UN-Deklarationen Rahmenbedingungen für solche Missionen fest. Der ehemalige Direktor der für Wahlbeobachtungen zuständigen Organisation der OSZE und jetzige europapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Georg Link, sagt bei tagesschau.de, Abgeordnete, die einer einseitigen Einladung russischer Stellen folgten, nähmen an einer Fake-Wahlbeobachtung teil.
Sollte Petersen nach der Bundestagswahl doch in Hamburg bleiben, wird die AfD-Bürgerschaftsfraktion sie wohl dennoch nicht ausschließen. Das hätte nämlich tiefgreifende Folgen: Die AfD würde damit nicht nur ihre russlanddeutsche Wählerschaft verprellen – sie würden auch ihren Fraktionsstatus verlieren.
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