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Äußerungen von Gabriel über TTIPNur Gabriel glaubt an TTIP-Aus

Sigmar Gabriel hat gesagt, die Verhandlungen seien gescheitert. Darin sehen sowohl Gegner wie Fans des Abkommens ein taktisches Manöver.

Gabriel beim ZDF-Sommerinterview am 27. August Foto: dpa

Berlin taz | Eins hat SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit seiner jüngsten Äußerung zu TTIP immerhin erreicht: Er hat Gegner und Befürworter des Freihandelabkommens zwischen der EU und den USA gleichermaßen gegen sich aufgebracht. Weil sich in den Gesprächen mit den USA nichts bewege, seien die TTIP-Verhandlungen „de facto gescheitert“, hatte Gabriel am Sonntag im ZDF gesagt.

Damit stieß er auf breiten Widerspruch. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) halte eine Einigung mit den USA weiterhin für möglich, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert: „Noch sind die Verhandlungen nicht zu Ende.“ Das sieht auch die EU-Kommission so. „Der Ball ist weiter am Rollen“, sagte Sprecher Margaritis Schinas am Montag. Empört reagierte der Bundesverband der Deutschen Industrie. „Anstatt das Abkommen aus parteitaktischen Gründen aufzugeben, gilt es die Anstrengungen für einen guten Abschluss zu verstärken“, sagte Vizepräsident Matthias Wissmann.

Dass Gabriels Aussage vor allem taktisch motiviert ist, glauben auch die Kritiker von TTIP und dem mit Kanada geplanten Ceta-Abkommen. Sie wollen am 17. September in sieben Städten demonstrieren – zwei Tage, bevor die SPD bei einem Konvent über ihre Haltung zu Ceta entscheidet. Mit dem Abgesang auf TTIP wolle Gabriel lediglich die SPD-Linke besänftigen und die Zustimmung zu Ceta sicherstellen, meint BUND-Freihandelsexperte Ernst-Christoph Stolper. „Gabriel will den Leuten Sand in die Augen streuen, aber das wird nicht funktionieren.“

Auch Maritta Strasser von Campact sieht die Kritiker noch nicht am Ziel. „TTIP liegt zwar derzeit im Koma“, sagt sie zur taz. „Aber es kann jederzeit wieder aufgeweckt werden, vor allem, wenn Ceta erst einmal ratifiziert ist.“ Gabriel argumentiert, dass bei Ceta viele Verbesserungen erreicht worden seien, etwa beim umstrittenen Investorenschutz. Das sei aber kein Grund, dem Abkommen zuzustimmen, meint Strasser. „Ein weniger schlechtes Abkommen ist noch lange kein gutes.“

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5 Kommentare

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  • Wenn einer wie Wissmann immer noch mitreden will - obwohl sein Autoindustirelobbyverband mit dem Abgasbeschiss jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat, bedeutet das: TTIP ist unter anderem eine Abdankung vor den Machenschaften von solchen Leuten wie Wissmann.

    Zudem: Etwas weiter oben in der taz-Scrollgegend von heute kann man vernehmen, dass Frankreich die TTIP-"Verhandlungen" - sprich US-und deutsche Automobilindustrielobby -Diktat - nicht weiter führen lassen will. Bevor man Gabriel "Lüge" oder Schlaumeierei unterstellt, sollte man mindestens die Nachrichten, welche man im eigenen Onlineangebot nachlesen kann, konsultieren...

  • Gabriel sagt als zuständiger Minister, dass kein einziges Kapitel von TTIP abgeschlossen ist und auch bei keinem eine Einigung in Sicht ist. Er sollte über die Verhandlungen gut genug unterrichtet sein, um eine solche Aussage zu treffen.

     

    Jetzt sollen doch Merkel, Wissmann und Co. bitte mal erklären, wie sie unter diesen Umständen noch bis zur Wahl in den USA zu einem Abschluss kommen wollen. Die einzige Möglichkeit sehe ich darin, dass die EU vor den amerikanischen Forderungen kapituliert. Das ist dann scheinbar auch der "Plan".

     

    Von Gabriel möchte ich gern wissen, wie man für CETA sein kann, wenn man TTIP keine Chance mehr gibt. Die Regelungen sind doch ähnlich.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @warum_denkt_keiner_nach?:

      "Die einzige Möglichkeit sehe ich darin, dass die EU vor den amerikanischen Forderungen kapituliert. Das ist dann scheinbar auch der "Plan"."

       

      Warum? Das macht doch realpolitisch gar keinen Sinn.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Natürlich. Schließlich scheint sehr vielen Bürgern die Tragweite einiger Verhandlungspunkte nicht bewusst zu sein. Wenn man dann noch die Abkommen an den Parlamenten vorbeischleust...

  • Ich denke, der Gabriel lügt. Dann hätte er eine Mittelfinger verdient.