Ärztemangel in Berlin: Neue Praxis

Im Osten von Berlin fehlt es oft an Ärzten. Deswegen hat die Kassenärztliche Vereinigung dort eine erste Arztpraxis in eigener Trägerschaft eröffnet.

Pflaster wird an Oberarm geklebt

Gut gepflastert. Was man in Arztpraxen halt so macht Foto: picture alliance/dpa/Moritz Frankenberg

BERLIN taz | Beim Thema Ärztemangel denkt man an abgelegene ländliche Regionen, nicht aber an Berlin. Und doch fehlen in Berlin Hausärzte: in den drei Ostbezirken Lichtenberg, Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf. Wer neu dorthin zieht, wird wahrscheinlich keinen Hausarzt im Kiez finden.

Dabei ist Berlin insgesamt betrachtet mit Ärzten gut versorgt, leicht überdurchschnittlich im Bundesvergleich. Aber Ärzte arbeiten lieber dort, wo viele Privat­pa­tien­ten wohnen und nicht so viele ältere Kassenpatienten. Das sind die gutbürgerlichen Bezirke im Westen der Stadt, die Versorgungsgrade mit Hausärzten bis zu 132 Prozent aufweisen. Aber wer krank ist, will und kann auch oft keine weiten Wege gehen zum Arzt.

Da steuert die Kassenärztliche Vereinigung Berlin jetzt dagegen. Im Juli hat sie in einem mit Ärzten unterversorgten Kiez im Bezirk Lichtenberg die erste Arztpraxis in eigener Trägerschaft eröffnet. Das heißt, der dort tätige Hausarzt arbeitet nicht in eigener Niederlassung, sondern als Angestellter der Standesvertretung. Ihm folgt bald eine Kollegin in derselben Praxis. Weitere solche Arztpraxen werden folgen. Zudem hat die Kassenärztliche Vereinigung Berlin gemeinsam mit den Krankenkassen ein Förderprogramm von 21 Millionen Euro aufgelegt, um die hausärztliche Versorgung in den Ostbezirken zu verbessern. Wer sich dort niederlassen will, wo Ärzte fehlen, kann Zuschüsse beantragen.

Berlin folgt damit Beispielen aus Sachsen-Anhalt und Brandenburg, wo es auch vereinigungs­eigene Praxen gibt

Ziel der von der Kassenärztlichen Vereinigung eingerichteten Praxen sei es, „die hausärztliche Versorgung zu ergänzen und an den Standorten, wo sich erkennbar keine niederlassungswilligen Hausärztinnen und Hausärzte finden, Praxen aufzubauen“, sagt Vorstandsvorsitzender Burkhard Ruppert. Die Vereinigung folgt damit Beispielen aus ländlichen Regionen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt, wo es auch vereinigungseigene Praxen gibt. Nun also erstmals in einer Großstadt.

Als vor zehn Jahren in der Berliner Politik die Forderung aufkam, Ärzte gleichmäßiger auf das Stadtgebiet zu verteilen, war es gerade noch die Vereinigung, die sich sträubte.

Denn eine bessere Ärzteversorgung mit einer Umverteilung heißt auch, dass gut an Privatpatienten verdienende Ärzte im Westteil der Stadt ihre Praxis nicht mehr in der Regel am selben Ort verkaufen oder vererben können. Innerhalb der Ständevertretung konnten sich solche Ärzte in Wilmersdorf besser Gehör verschaffen als Ärzte in Hellersdorf, die ältere und chronisch kranke Kassenpatienten behandeln und vor lauter Arbeit nicht mehr aus den Augen gucken können.

Dass die Kassenärztliche Vereinigung jetzt umdenkt, ist zu begrüßen. Denn warum sollen kranke Menschen in weit entfernte Arztpraxen fahren, statt dass man einfach solche Praxen in unterversorgte Regionen verlegt?

Es gibt zudem gute Argumente für Ärzte, im Angestelltenverhältnis zu arbeiten statt in eigener Niederlassung: Sie beziehen ein festes Gehalt und müssen nicht das in sozial schwachen Kiezen schwierige Risiko einer selbstständigen Tätigkeit tragen. Auch mit Verwaltungsarbeit müssen sie sich nicht herumplagen und können sich besser auf ihre ärztliche Tätigkeit konzentrieren.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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