piwik no script img

Adolf Merckle verliert RatiopharmDas Imperium wird zerschlagen

Milliardär Adolf Merckle hatte sich massiv verspekuliert, jetzt steht sein Imperium auf dem Spiel. Er muss sich wohl von Ratiopharm und anderen Firmen trennen.

Müssen sich wohl bald trennen: Merckle und Ratiopharm. Bild: ap

STUTTGART taz Einer der skurrilsten Milliardäre Deutschlands gibt aller Voraussicht nach die Macht ab. Adolf Merckle zählt zu den fünf reichsten Deutschen. Sein Vermögen von 7 Milliarden Euro steckt überwiegend in Firmenbeteiligungen, die er nun nach übereinstimmenden Presseberichten als Sicherheit an seine 30 Gläubigerbanken verpfänden muss. Unter seinen Kapriolen leiden 100.000 Mitarbeiter in den Firmen seines Imperiums, die nicht wissen, ob, an wen und zu welchen Bedingungen ihre Arbeitgeber verkauft werden.

Das Zugeständnis des klammen Milliardärs ist Voraussetzung dafür, dass ein Stillhalteabkommen mit den Banken verlängert wird; die Verhandlungen dauerten am Donnerstag noch an. An der Spitze stehen die Landesbank Baden-Württemberg, die Royal Bank of Scottland, die Commerzbank und die Deutsche Bank. Sie wollten sich zu den Verhandlungen auf Anfrage nicht äußern.

Solange das Stillhalteabkommen gilt, werden die Verbindlichkeiten Merckles weiter gestundet. Agenturen vermelden einen Bedarf zwischen 700 Millionen und 1 Milliarde Euro für einen Überbrückungskredit. Ziel ist es, Merckles Firmen zu verkaufen, wenn sich der Finanzmarkt beruhigt hat.

Filetstück seines Geflechts ist das Pharmaunternehmen, das Merckle selbst aus der Firma seines Großvaters aufgebaut hatte: Ratiopharm. Es verdient sein Geld mit dem Nachbau von Medikamenten, auf die kein Patentschutz mehr besteht. Außerdem gehören zu seinem Imperium Beteiligungen an dem mit über 12 Milliarden Euro verschuldeten Baustoffhersteller Heidelberg Cement, der Pharmagroßhändler Phoenix und Kässbohrer.

Merckle bündelt die Geschäfte bei der VEM Vermögensverwaltung GmbH, die sein Vermögen in einem unübersichtlichen Komplex aus 100 Firmen angelegt hat: Der 74-jährige Unternehmer aus dem schwäbischen Blaubeuren gilt als Meister in der Disziplin Steuernsparen. Erst hatte er sich mit VW-Aktien verzockt und einen Verlust im "niedrigen dreistelligen Millionenbereich" erlitten, so die Sprechformel des Unternehmers. Dann holte ihn die Finanzkrise ein: Vielen der Verbindlichkeiten seiner Unternehmen sind Aktien als Sicherheit unterlegt, die wegen eingebrochener Kurse nun nicht mehr genügen. Nun haben ihm die Banken den Kredithahn zugedreht, und Anfang der Woche hatte der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) eine Bürgschaft des Landes für Merckle abgelehnt. INGO ARZT

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!