: Adios, Amigo Streibl
■ Im Rennen um die Nachfolge liegt Edmund Stoiber vor Theo Waigel
München/Bonn (AP/taz) – Gott mit dir, du Land der Bayern! Er hat sich alle erdenkliche Mühe gegeben, die Amigo-Affäre auszusitzen, doch gestern mußte Max Streibl bestätigen lassen, daß er von seinem Amt als Ministerpräsident des Freistaats Bayern zurücktreten wird. Der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Alois Glück, verkündete in München, daß der Rücktritt „deutlich vor der Sommerpause“ erfolgen solle. Der zähe Abschied Streibls könnte sich allerdings noch hinziehen, denn die CSU muß zuvor noch entscheiden, ob der derzeitige Finanzminister und CSU-Vorsitzende Theo Waigel oder der bayerische Innenminister Edmund Stoiber Streibl beerben darf. Bei diesem Diadochenkampf gibt die CSU ihr Bestes, der SPD nachzueifern.
„Wir müssen uns heute entscheiden“, verlangte deshalb Umweltminister Peter Gauweiler. „Jeder Tag, den wir warten, kostet uns Stimmen. Wir machen uns lächerlich.“ So schnell wird es jedoch nicht gehen. Zunächst wollen sich die beiden Aspiranten noch in dieser Woche zu einem Gespräch treffen. Alois Glück kündigte an, er wolle „alle denkbaren Möglichkeiten ausschöpfen“, damit eine Kampfabstimmung in der Fraktion verhindert werde und es eine einvernehmliche Lösung gebe. Eine kontroverse Abstimmung wäre für die CSU „fatal“, sagte der Fraktionsvorsitzende.
Die besseren Karten hat derzeit eindeutig Edmund Stoiber. Der Scharfmacher wurde von der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag mit rauschendem Beifall empfangen. Unmittelbar vor Beginn der Fraktionssitzung bekräftigte er, daß er vor den Parlamentariern seinen Anspruch auf das Führungsamt anmelden werde. Stoiber zeigte sich „überrascht“ darüber, daß er am Dienstag zu dem Spitzengespräch nicht eingeladen war, betonte aber, ihm sei „nicht bange“.
CSU-Generalsekretär Erwin Huber versucht indes, eine offene Schlacht zwischen Parteichef Theo Waigel und Innenminister Edmund Stoiber zu vermeiden. „Die Partei braucht beide – und zwar beide unbeschädigt“, erklärte er gestern in München. Ohne Stoiber ausdrücklich zu nennen, sagte Huber, jetzt sei jeder gefordert, die Schlagkraft der Partei zu erhalten und zu mobilisieren. Der bayerische Innenminister hatte am Dienstag deutlich gemacht, daß er seine Ambitionen auf den Ministerpräsidentensessel nicht kampflos aufgeben will.
Zeitungsberichte, nach denen Stoiber von einem Spitzengespräch zwischen Waigel, Streibl und Fraktionschef Alois Glück „ausgeschlossen“ worden sei, wies Generalsekretär Huber zurück. Der Parteichef habe unmittelbar im Anschluß mit Stoiber telefoniert und einen weiteren Termin für ein gemeinsames Gespräch ausgemacht. Huber rechnet nicht mit einer Kampfabstimmung in der Fraktion. Als „wenig hilfreich“ bezeichnete Huber die „massive Einmischung“ aus Bonn. Landesgruppenchef Michael Glos hatte Waigel als einen „natürlichen Nachfolger“ bezeichnet.
Die Grünen im Landtag begrüßten gestern die „Rücktrittserklärung“ Streibls und seine Entscheidung, einem Wechsel im Amt nicht länger im Weg zu stehen. In einer gemeinsamen Erklärung der Fraktionssprecher Ruth Paulig und Manfred Fleischer hieß es, damit gehe eine „Hängepartie“ zu Ende, die sich seit Monaten lähmend auf die politische Arbeit in Bayern ausgewirkt habe. Es sei zweifelhaft, ob es Bundesfinanzminister Waigel gelingen werde, das „sinkende Schiff der Staatsregierung wieder flott zu machen“. Was Stoiber angehe, sei zu fragen, ob ein bayerischer Innenminister, „der in seinem Amt wie die Axt im Walde“ wirke, dem offenen, multikulturellen Bayern zugemutet werden könne. Seiten 5 und 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen